Einleitung [chapter]

2020 Moscheeleben in Deutschland  
Feldnotiz »So habe ich das aber von meinem Vater gelernt.« 1 Jedes Wochenende gibt es in der Yunus-Emre-Moschee Unterricht für Kinder und Jugendliche zwischen acht und ca. 14 Jahren, der dreigeteilt ist: Koranalphabetisierung (türk. elif cüz), Koran rezitieren/lesen (taǧwīd/tecvid) und verstehen (tafsīr/tefsir) sowie Religionsunterricht (türk. din dersi). Die Koranalphabetisierung übernimmt Mahmut, der Imam der Moschee. Zeitlich parallel unterrichtet die weibliche Religionsbeauftragte Semra
more » ... tieren und Verstehen. Die Schülerschaft ist nach ihrem Kenntnisstand aufgeteilt (und nicht nach Geschlecht wie in der Altstadt-Moschee). Nach diesen »Korankursen« kommen nach einer ca. fünf bis 15minütigen Pause alle Schüler und Schülerinnen zum Religionsunterricht des Imams wieder zusammen. Der Unterricht in Koranalphabetisierung ist ein Einzelunterricht im gemeinsamen Klassenraum, d.h. während Mahmut sich jeweils einem Schüler bzw. einer Schülerin zuwendet, sollen die anderen still ihre Aufgaben üben, was sie aber in der Regel nicht machen. Stattdessen wird geredet, Quatsch gemacht, auf Smartphones geschaut oder ähnliches. Während der Unterricht von Semra ruhig, konzentriert und teils mit unterschiedlichen didaktischen Methoden abläuft, ist der Religionsunterricht von Mahmut eine Mischung aus engagiertem Unterricht mit sich schnell wechselnden didaktischen Methoden sowie Themenfolgen und einem Frontalunterricht mit unaufmerksamen und lauten Schülern und Schülerinnen. Während meiner ersten Besuche im Juni 2013 ging es um das Thema »Was steht alles im Koran?« (»Kur'an'da ne var?«). Sehr engagiert machte Mahmut mit den Kindern Brainstorming, nahm Schüler und Schülerinnen dran und lief während der 1 Feldnotiz, Kinder-Koranschule, 09.06.2013, Yunus-Emre-Moschee, Junge: »Babam ama böyle demişti.« [wörtl. »Aber mein Vater hat das so gesagt.«].
doi:10.14361/9783839450451-016 fatcat:c2iyn3p6gngudi6ymtpby6jdde