Hedvig Ujvári (Hrsg.), Zwischen Bazar und Weltpolitik. Die Wiener Weltausstellung 1873 in Feuilletons von Max Nordau im Pester Lloyd
Wolfgang Kessler
2012
Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 61 (2012) H. 3 494 Österreich vor 1918 und deren möglichen Einfluss auf die Gestaltung der tschechischen Zeitschriften erfahren wir nichts) und konstatiert (in einer der sehr seltenen selbständigen Bewertungen der Quellen) lediglich zusammenfassend, "dass sich die behandelten Themen kaum unterschieden" (S. 308). Warum dies der Fall ist oder in welchem Maß tschechische und deutsche Juristen der Ersten tschechoslowakischen Republik z.B. zu Zeitschriften
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... beiden Sprachen beitrugen, wird aber nicht behandelt. Nationale Identität und Zugehörigkeit versteht die Autorin nahezu durchgängig primordialistisch, d.h. sie stellt die "naturgegebene" Existenz zweier Völker in Böhmen und Mähren nicht in Frage. Von Rudolf Thurn-Taxis erfahren wir, dass er "sich als deutscher Adeliger zum Tschechentum bekannte, und tschechischer war als viele seiner tschechischen Freunde" (S. 17; fast wortgleich auch S. 311), leider ohne dass wir lernen, wie K. zu diesem Schluss kommt, also wie man z.B. den Grad der "Tschechischkeit" eines Tschechen messen kann. Bei dieser scharfen tschechisch-deutschen Dichotomie überrascht es, wenn auf S. 33 ein "Programm der böhmischen Bevölkerung" auftaucht; die Überraschung dauert aber nur so lange, bis man versteht, dass Krupar hier eine Quelle paraphrasiert, die "böhmisch" im Sinne von "ethnisch-tschechisch" verwendet. "Český" kann je nach Kontext "böhmisch" oder "tschechisch" bedeuten, eine Polysemie, die K. aber in Schwierigkeiten bringt. So spricht sie wiederholt vom "tschechischen Recht" (S. 29, 149, 177), ohne je zu erklären, was diese Größe in der Zeit vor 1993 bedeuten könnte. Recht geht ja nicht von den imaginierten Gemeinschaften aus, die Nationen genannt werden, sondern von Staaten und gesetzgebenden Versammlungen. Böhmisches, mährisches, österreichisches oder tschechoslowakisches Recht ergibt also unmittelbar Sinn, "tschechisches Recht" dagegen bedarf einer näheren Erläuterung. Auch handwerklich hat die Arbeit große Schwächen. Eine redaktionelle Betreuung hätte unzählige Wiederholungen beseitigen können, und es verwundert, dass niemand die Autorin darauf aufmerksam gemacht hat, dass man beim Zitieren eines Zeitschriftenaufsatzes den Autor und den Titel des Beitrags angeben muss. Darauf wird in den Fußnoten fast überall verzichtet, und im Literaturverzeichnis (in dem nur ein Bruchteil der zitierten Aufsätze angeführt ist) beschränkt sich die Vf. darauf, die Anfangsseite einer jeden Arbeit anzugeben. Ich kann nur hoffen, dass diese Beobachtungen sowohl im Verlag wie auch an der Goethe-Universität Anlass zu kritischer Selbstreflexion geben. Aarhus Peter Bugge
doi:10.25627/20126139410
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