General-Anzeiger für Halle und den Saalkreis ; 21. Jg. - 94 (23.4.1909) 2. Beilage
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(:Unkn) Unknown, Universitäts- Und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Martin-Luther Universität
2022
Was im Moltke Harden Prozeß hinter verſchloſſenen Türen geſtern ver handelt wurde war bisher unbekannt geblieben Nur das Urteil und die Urteilsbegründung wurden öffentlich verkündet Das B iſt in der Lage einige intereſſante Momente aus der Verhandlung des Prozeſſes zu veröffentlichen Nach Verleſung der inkriminierten Artikel gab Harden auf Auf forderung des Vorſitzenden eine Darlegung der Umſtände die zu den Artikeln Veranlaſſung gegeben hatten und erläuterte die Artikel ſelbſt Er erklärte
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... r Zur Unterzeichnung des ihm angebotenen Vergleichs habe er ſich nicht aus Gründen ſeines eigenen Vorteils entſchloſſen denn er habe von einer Wetterführung der Sache die dann allerdings ſo bald nicht beendet ſein werde nichts zu fürchten ſondern aus menſch lichen und patriotiſchen Erwägungen Das politiſche Ziel die Be ſeitigung des Einfluſſes der von ihm bekämpften ſchädlichen Männer ſei erreicht nunmehr wolle er ſo lange er es vermeiden könne an einer Weiterführung der Affäre nicht mitwirken Er verzichte des halb auf Führung von Beweiſen und werde wenn das Gericht in ſeinen Artikeln Beleidigungen finden ſollte die Folgen auf ſich nehmen Von der Staatsanwaltſchaft wie von Juſtizrat Sello als Vertreter des Grafen Moltke und Juſtizrat Bernſtein als Verteidiger wurde ein ſtimmig beantragt das Gericht möge von einer Beweisaufnahme auch von der eidlichen Vernehmung des Grafen Moltke Abſtand nehmen Das Gericht beſchloß hierauf andere Zeugen überhaupt nicht und den Grafen ſelbſt nur über die einzige Frage zu vernehmen ob er ſich homo ſexuell berätigt habe Dies wurde von Graf Moltke verneint der auch ertlärte ſich niemals homoſexuell gefühlt zu haben Die homo ſexuelle Betätigung der Grafen Hohenau und Lynar wurde aus den gegen ſie gerichteten Verfahren feſtgeſtellt Bei Begründung der Anklage fand der Oberſtaatsanwalt nicht in allen inkriminierten Artikeln ſondern nur in dreien von ihnen Beleidig ungen gegeben und hob hervor von Senſationsluſt und dergleichen könne nicht die Rede ſein der Angeklagte habe nicht aus unſtatthaften Motiven gehandelt der ganze Angriff habe im weſentlichen dem Fürſten Eulenburg
doi:10.25673/opendata2-54405
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