Rechtsurkunden aus Tebtynis

Leopold Wenger
1903 Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete  
Rechtsnrkunden aus Tebtynis. Auf den 1901 publizierten pr chtigen zweiten Band der Amherst-Papyri ist im Sp therbst des vorigen Jahres ein umfangreicher Band neuer Urkunden gefolgt: The Tebtunis Papyri. Part I. Den unerm dlichen und unzertrennlichen Herausgebern B. P. Grenfell und A. S. Hunt schliefst sich diesmal als Dritter J. Gilbart Smyly an. Ein kurzes Referat ber den Inhalt hat Wileken oben S. 394 S. gegeben. Ich will in den folgenden Bl ttern einige Fragen zu er rtern suchen, die
more » ... den Juristen n her angehen und unter ihnen insbesondere solche, die mir wegen ihres prozefsrechtlichen Inhaltes am n chsten liegen. Mit Recht an die erste Stelle der Urkunden gesetzt ist die aus der Kanzlei des Dorfschreibers γόη Kerkeosiris stammende abschriftliche Sammlung einer Reihe k niglicher Dekrete des Euergetes H. und der beiden Kleopatrae. Der als Teb. 5 ver ffentlichte Papyrus stammt aus dem Jahre 118 v. Chr. und enth lt auf zehn Kolumnen, von denen nur eine ganz zerst rt ist, in 264 Zeilen nicht weniger als 46 derartiger in direkter, wenn auch vielleicht gek rzter Form*) angef hrte προστάγματα verschiedenartigsten Inhalts. Im allgemeinen dienen sie als Maisregeln einer guten Regierung der Ehrenrettung des K nigs Euergetes II. und korrigieren so in wertvoller Weise die gegen ihn von antiken und neueren Schriftstellern geh uften Vorw rfe: "es sieht aus, als ob die Geschichtsschreiber wieder einmal ganz kolossal gelogen h tten." 2 ) An einem solchen Beispiele vermag auch dem Nichthistoriker die Bedeutung der Papyri klar zu werden; die ungeschminkte Sprache der Regierungsmafsnahmen des K nigs spricht sehr zu seinen Gunsten, und namentlich die Sch rfe, mit der gegen Mifsbr uche der Amtsgewalt eingeschritten wird, macht ihm alle Ehre. Wenn wir auf die Dekrete im einzelnen eingehen, so gewinnen wir zun chst f r das ptolem ische Straf-und Strafprozefsrecht manchen Aufschlufs. So enth lt schon das erste Dekret einen Amnestieerlafs an s mtliche Unterthanen (άφιαβι, τονς ύπο την βαβι,λήαν πάντας) wegen άγνοημάτων αμαρτημάτων ένκλημάτων (καταγνωβμάτων) αίτιων
doi:10.1515/apf.1903.1903.2.483 fatcat:zoajnr6oobgulkjj6vmhftcbkq