Lage und Perspektiven der Volksgruppen in Österreich

Monika Glettler
1993
Besprechungen und Anzeigen Merkwürdigerweise sagt der Autor gar nichts aus über die vielen Übergriffe der Partisanen -besonders der sowjetischen -und nichts über die zahlreichen Massaker an den Volksdeutschen. Der Massenmord von Glaserhau im September 1944 mit seinen fast 200 Opfern wird mit keinem Wort erwähnt. Z.s Aussagen sind ein Hinweis darauf, wo es in der Geschichtswissenschaft der Tschechoslowakei noch immer "Weiße Flecken" gibt. Marburg a. d. Lahn Anton Herget Lage und Perspektiven der
more » ... Volksgruppen in Österreich. Bericht der Arbeitsgruppe, mit einem statistischen Ergänzungsheft. (Österreichische Rektorenkonferenz.) In Kommission bei Böhlau Verlag. Wien 1989. 219 S. Die Österreichische Rektorenkonferenz legt hier den Bericht einer aus neun österreichischen und fünf ausländischen Wissenschaftlern bestehenden Arbeitsgruppe vor, die sich 1987/88 interdisziplinär mit der Lage und den Perspektiven der österreichischen Volksgruppen befaßt hat. Ihr Ziel war es, aus verschiedenen Blickwinkeln (Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft, Sprache und Kultur, Schulwesen, psychosoziale Lage, rechtliche und volksgruppenrechtliche Situation) "keine politische, sondern eine wissenschaftlich-expertokratische" Arbeit zu liefern (S. 10f.). In Teil B "Empfehlungen und Perspektiven" (S. gibt dieses Expertenteam durchaus auch in die Politik übergreifende Empfehlungen, z.B. einen konkreten "Maßnahmenkatalog", "Visionen" und Forschungsdesiderata. Den Anlaß für die Rektorenkonferenz, diesen Bericht in Auftrag zu geben, bildete der Konflikt um die zweisprachigen Schulen der Slowenen in Kärnten, und somit lag die Symbiose zwischen Tagespolitik und Wissenschaft ohnehin ebenso auf der Hand wie der Schwerpunkt dieses Berichtes auf der slowenischen Problematik liegt. Von vornherein ausgeklammert wurden die steirischen Slowenen, die Slowaken, die Juden, die Sinti und Roma und die Zuwanderer aus Süd-und Südosteuropa. Teil A, der die Lage der Volksgruppen analysiert, bringt zu Beginn die Prämissen der Arbeitsgruppe sowie eine Analyse zur "Identität des modernen Österreich", ausgehend von dem Gedanken, daß Österreichs konstitutives Kriterium in der ethnischen, sprachlichen und kulturellen Pluralität bestehen sollte, d.h. "in der toleranten, positiven Einschätzung von Minoritäten als wesentlichen Bestandteilen der Kultur dieses Landes" (S. 57). "Aus der Sicht der Volksgruppen" schließt dieser Teil mit der kritischen Bemerkung: "Eine Änderung des Volksgruppengesetzes im positiven Sinn ist nicht in Sicht" (S. 173). Auch nach Meinung der Mehrheit [!] der Mitglieder der Arbeitsgruppe ist die Stellung der Volksgruppen als rechtlich definierte Minderheit, international gesehen, in Österreich "bedauernswert schlecht" (S. 166). Daß bei einem Kompendium dieser Art nicht alle Teile ausgewogen sein können, versteht sich von selbst. Wozu aber völlig beziehungslos dastehende Kurzkapitel dienen sollen (etwa 9.5.3 über "Negierte Minderheiten" [S. 162]), ist ohne Schlußfolgerung für Österreich wohl kaum verständlich, auch wenn sie unter dem Motto "interdisziplinär-vergleichend" verpackt werden. Wenn Juden, "Zigeuner" und andere "vom Nationalsozialismus verfolgte und fast vernichtete Gruppen wie die Homosexuellen" (S. 168) hier nicht untersucht werden, erübrigt es sich, sie in die Gedanken über "Politische Konsequenzen und Perspektiven" (Kap. 10.1.2) mit einzubeziehen. Inwiefern ein speziell für Volksgruppenangehörige zu veranstaltender Hochschullehrgang für "Hochtechnologie" oder für "Alternativen Tourismus" (S. 186) die allgemeine Situation auf dem Bildungssektor wesentlich verbessern hilft, müßte näher begründet werden, um allgemein plausibel zu sein. Apodiktische Sätze wie "Wer gegen die Interessen der Minderheiten, wer gegen die Interessen der Volksgruppen ist, versteht die Zeichen der Zeit
doi:10.25627/19934225661 fatcat:36gq4r7bt5hlrnvcq4vhwbnptu