Politischer Druck durch Rechtsschutz – Auf dem Weg zur öffentlich-rechtlichen "Public Interest Litigation"? [chapter]

Lutz Friedrich
2021 Zugang zu Recht  
Immer häufiger sehen sich die Verwaltungsgerichte mit Rechtsbehelfen konfrontiert, die in der Sache nicht die Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte, sondern -unter Berufung auf (vermeintliche) Allgemeininteressen -Verstöße gegen objektives Recht monieren und weit über den konkreten Streitfall hinaus eine "politische Agenda" verfolgen. Dazu gehören viele der aufsehenerregenden "Klimaklagen". Der Beitrag unternimmt den Versuch, Chancen und Risiken solcher Formen der sog. Public Interest bzw.
more » ... Climate Change Litigation zu skizzieren und deren verfassungsrechtliche Grenzen auszuloten. Dabei geht es weniger um Detailfragen des Öffentlichen Prozessrechts als vielmehr um grundlegende Fragen des gerichtlichen Rechtsschutzes, der Gewaltenteilung und einer Privatisierung des gemeinen Wohls. Einführung: Durchsetzung politischer Ziele über den Rechtsweg Die Durchsetzung politischer Ziele und von Gemeinwohlbelangen über den Rechtsweg ist an sich kein neues Phänomen. Im Gegenteil: Dem individuellen, subjektiven Rechtsschutz eignet grundsätzlich eine objektive Dimension. Die einzelne Klägerin verteidigt zwar nach der "Strukturentscheidung" des Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG im Regelfall primär eigene Rechte 1 , verhilft aber zugleich der Rechtsordnung insgesamt -und damit der Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns als einem zentralen Gemeinwohlbelang (Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 S. 1 GG) -zur praktischen Gel-I.
doi:10.5771/9783748910992-217 fatcat:66botidxirfptgmtrttah3u6a4