Unterschung über das Reifen der Früchte

E. Frémy
1848 Justus Liebig s Annalen der Chemie  
Untersuchung des Fruch@&ches. In den letzten Jahren haben sich die Chemiker damit beschaftigt y die genaue Zusammensetzung einer grofsen Anzahl organischer Korper zu bestimmen und die Spaltungen zu untersuchen, welche durch die Eiriwirkung verschiedener Reagentien hervorgebracht werden ; aber die meisten, so interessanten Fragen der auf die Pflanzenphysiologie angewandten Chemie , wurden beinahe ganzlich unheachtet gelassen. Auch zeigen die Erscheinungen , welche wir in unseren Laboratorien
more » ... orbringen, nur xieinlich entfernte Beziehungen zu denen, welche sich in den Gewachsen darbieten. Es ware indessen von Wichtigkeit, auf die Pflanzenphysiologie diejenigen Verfahrungsweisen der Analyse und Beobachtung anzuwenden welche die Chemie jetzt besitzt und zu untersuchen, ob die Naturkrafte, welche die so verschiedenartigen Modificationen in den Pflanzen erzeugen , mit den Rea-*) Ein kurzer Auezug aus vorliegender Abhandlung ist schon Bd. LXIV. hnnal. d. Chemie u. Phann. LXVII. Bd. 3. Heft. 6. 383 initgetheilt worden. Frkmy, Untersvchung iiber das Reifen der Frhhte. 25'5 61 Wclche Verilnderungen gehen in einer Frucht vor, wenn sie fault? Alle diese Fragen werden in einer Reihe voll Abhrndlungen behandelt werden, welche zusammen, wie ich hoffe, eine ziemlich vollstandige Arbeit iiber das Reifen der Friichte bilden werden. In der Absicht , den verschiedenen Karpern , welche man aus dem Fruchtfleisch darstellen kann , eine allgemeine Btmennung zu geben, die an eine ihrer Haupteigenschaften erinnert, habe ich fur dieselben den Namen gallertartige K6rper der Pflanzen gewahlt. Der gallertartige Zustand ist in der That eine der characteristischen Eigenschafteii der nun zu beschreibenden Korper; sie scheinen dazu bestimmt zu seyn, in dem Fruchtfleisch eine betrachtliche Menge von Wasser zuriick zu halfen, welche die Entwickelung begunstigt ; man niufs aber darauf verzichten , unter ihren gemeinschafllichen Eigenschatlen einige der Kennzeichen ausfindig zu machen , welche gewahnlich die Aufmerksamkeit der Chemiker auf sich zieben. Sie sind unkrystallisirbar ; ihre Reinigung ist immer schwierig; die energischen Reagentien, wie Chlor, Schwefelslsilure, Salpetersliure u. 8. w. bewirken in ihnen keine einfache Zersetzung ; sie scheinen zwischen den wohlcharacterisirten Bestandtheilen der Pflanzen uiid den Substanzen der Organe in der Mitte zu stehen. Dieser mitllere Zustand ist es eben, der ihrem Studium ein, grofses Interesse giebt ; man kennt die Eigenschaflen fast aller krystallisirten Korper , aber die Eigenschaften der unkrystallisirbaren Substanzen, die sich der Organisation niihern, wurden nur oberflachlich untersucht ; die Schwierigkeiten , welche ihr Btudium darbietet , haben dasselbe einigermafsen aufgeben lassen. Ich wiirde glucklich seyn, wenn ich durch diem Arb& beweisen klinnte , dab die amorphen Substanzen Reactionen hervorbringen, die der ganzen Aufmerksamkeit der Chemiker wiirdig sind, im Falle inan dieselben dem &in9& passend gewahlter Reagentien unterwirft. 47 * FrCmy, Untersuchung uber das Reifera der Friichle. 261 Spuren von Pectin in der Flissigkeit auffnden; dagegen reichte ein Kochen wahrend einiger Augenblicke mit einem schwach sauren Wasser bin, um dieselbe Pectose in Pectin zu verwandeln, die durch concentrirte und kalto Salzsaure nicht verandert worden war. Ich hahe demnach die Existenz eines unloslichen Bestandtheils in dem Gewebe der Pflanzen annehmen mussen, welcher durch die Einwirkung von Sauren in Pectin umgewandelt wird. Aukerdem kann die Pectose von cinigen Eigenschaften des Fleisches von Friichten und Wurzeln Rechenschaft geben : die Pectose ist es, welche, indem sie sich mit den in manchem Wasser vorkommenden Kalksalzen verbindet, das Hartwerden der Wurzeln wahrend des Kochens verursacht; sie ist es, welche dcn unreifen Friichten die Harte giebt und sie verwandelt sich wahrend des Kochens oder des Reif'ens in Pectin urn. Die Pectose kann nicht mit der Substanz, welche die Zellen der Pflanzen bildet, verwechselt werden : ich habe mich iiberzeugt, dafs es hinreicht, das Fleisch von Friichten oder Wurzeln einige Stunden lang zu Irochen, um sainmtliche Pectose in Pectin umzuwandeln, wiihrend die Cellulose, wie Pa yen nachgewiesen, durch die Einwirkung von SPuren nicht eine Spur von Pectin liefert. Es IlCst sich demnach nicht annehmen, wic man es kiirzlich vorgebracht hat, dafs eine Pflanzenzelle von eiuer festen Substana in verschiedenen Aggregdtionszustanden gcbildet werde und dds der aukere Theil, der dieselbe Zusammensetzung wie der innere besitzt, sich allmahlig durch den Einflufs von Sauren in Pectin umwandeln konne. , 411e Versuche, die ich angestellt habe und die bnalysen, welche ich spiiter anfiihren werde, scheinen im Gegentheil zu zeigen, dafs keine Analogie weder in den Eigenschaften, noch in der Zusammensetzung zwischen der Cellulose und der Subslanz besteht, welche das Pectin erzeugt und dafs folglich das Fruchffleisch zwei wesentlich verschiedene feste Substanzen entkilt.
doi:10.1002/jlac.18480670302 fatcat:o427puiei5c3zg4blrbo3vbbmu