Förderung des lokalen Regierens in Afghanistan: Was ging schief?

Frances Z. Brown
2022 SIRIUS - Zeitschrift für Strategische Analysen  
Zusammenfassung Eine der tragenden Säulen der diplomatischen und Entwicklungsbemühungen der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan in den letzten zwanzig Jahren war die Stärkung der Regierungsleistung unterhalb der Ebene des Zentralstaats, d. h. in den Kommunen, den Distrikten und den Provinzen. Die wachsende Unzufriedenheit der Geber mit der politischen Führung in Kabul ließ die gezielte, massive Förderung von Projekten der local governance in einem Land, dessen Bürger zumeist mit lokalen
more » ... statt mit nationalen Amtsträgern zu tun haben, als gut begründete Entscheidung erscheinen. Allerdings litt die Förderung der lokalen Regierungsleistung durch westliche Geber in all diesen Jahren an mehreren anhaltenden Defiziten: Erstens zielten die Hilfsprogramme häufig darauf ab, "Vertrauen zu bilden", "den Dialog zu fördern" und die Verbindungen zwischen Staat und Bürgern zu stärken. Dabei wurde übersehen, dass die größten Barrieren für eine offene Kommunikation zwischen den Regierten und den Regierenden oft nicht technischer, sondern politischer Natur waren. Zweitens waren die Programme darauf ausgerichtet, die Kompetenzen und Fähigkeiten von Ratsversammlungen auf Distrikt- und Provinzebene zu stärken, tatsächlich fehlte es den Körperschaften an klar definierten Befugnissen und Funktionen. Drittens legten Geberprogramme häufig großen Wert auf die Förderung von Kompetenzen, die einen "guten" Hilfeempfänger ausmachen. Ungleich sinnvoller wäre es gewesen, die Bedingungen des realen Politikbetriebs in der afghanischen Provinz zu berücksichtigen.
doi:10.1515/sirius-2022-1004 fatcat:7oqa2ql2nvdflh4lhbshcwflni