Ein Ende mit Expansion. Österreich-Ungarns Eroberungen im Ersten Weltkrieg als imperiale Herausforderung [chapter]

Stephan Lehnstaedt
2019 Schriften aus der Max Weber Stiftung  
Dank der Forschungen vonGünther Kronenbitter ist sehr genaubekannt, 1 wie das k. u. k.-Militäri nd er Zeit vor 1914 vom Krieg träumte und welche Vo rstellungen und Hoffnungen es damit verband. Als dann der Erste We ltkrieg ausbrach, stellte sich schnell Ernüchterung ein:E rfolgea uf dem Schlachtfeld blieben ausoder konnten nurgemeinsam mit dem deutschen Ve rbündeten erreichtwerden;zugleich waren die Ve rluste an Menschen und Material hoch, so dass der Krieg keinesfallsdie -nichtnur in
more » ... -Ungarn-ersehnte Katharsis darstellte und auch keine Festigung des Imperiums mit sich brachte. Im Gegenteil, der anfängliche Burgfrieden erwies sichmit zunehmender Dauer als brüchig. Aber im Kriegsverlauf erfolgten Annexionen und es gab ein territoriales Ausgreifen aufdem Balkan und in Osteuropa. Das schien endlich der ersehnte Beweis fürdie Lebens-und Leistungsfähigkeit des eigenen Imperiums zu sein, und diese Wahrnehmung der Eliten wurde natürlich nach außen getragen. 1915 hatte die Doppelmonarchie an allen Fronten Gebiete erobernkönnen, was später ebenfalls in Italien gelang.Das Imperium erwies sich also bis unmittelbar vor seiner Implosionals expansiv -aberman muss wohl vonPyrrhussiegen sprechen, zumindest mit Blick aufdie Niederlage 1918. Doch hier soll es weniger um eine ex-post-Analyse gehen,sondern vielmehrumdie Frage, welche Ziele sich mit den Annexionen verbanden. Im Folgenden interessierene inerseitsd ie konkreten Erwartungen an ein besetztes Gebiet, andererseits die dorttatsächlich erzielten Resultate einer ,Nutzbarmachung' fürd ie eigenen Zwecke und einer Integration in den Reichsverbund. Es sollen also Anspruch und Wirklichkeit kontrastiert, zugleich aber auch füre ine übergreifende Perspektived ie Frage gestellt werden, ob sich Expansion fürd as Habsburgerreich in irgendeiner 1G ü nther Kronenbitter," Krieg im Frieden". Die Führung der k. u. k.-Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns1 906-1914 (Studien zur internationalen Geschichte, 13), München 2003. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
doi:10.14220/9783737010603.99 fatcat:n32kbsugznc5tihvctsddxz2mi