Leserbrief Der erste Fall eines anaphylaktischen Schocks bei epikutaner Applikation von Chlorhexidin wurde in Zürich beschrieben

Rocco Torricelli
unpublished
Leserbrief zu Aellig L, et al. Chlorhexidin-Allergie. Schweiz Med Forum 2014:14(15):321-322. Mit Interesse haben wird den obengenannten Fallbericht einer zweimaligen anaphylaktischen präoperativen Re-aktion bei einer 45-jährigen, offenbar nicht mit allergi-schen Vorerkrankungen belasteten Patientin bei Haut-desinfektion mit einer 2%igen Chlorhexidin-Lösung gelesen. Bei ihrer kursorischen Literaturübersicht war offenbar den Autoren nicht bewusst, dass der erste Fall einer
more » ... nach epikutaner Appli-kation von den unten aufgeführten Autoren stammt [1, 2]. Wir berichteten über einen 20-jährigen gesunden Mann mit unauffälliger Anamnese, der innerhalb von zwei Minuten nach Desinfektion einer Schürfwunde mit einer 0,05%igen Chlorhexidin-Lösung eine generali-sierte Urtikaria und nachfolgende Bewusstlosigkeit, Stuhl-und Urininkontinenz entwickelte. Die allergologi-sche Abklärung zeigte eine starke Sensibilisierung auf Chlorhexidin: Prick-Teste mit einer isotonischen Lösung von Chlorhexidin waren bei 0,005% und 0,01% stark positiv (++, Quaddel >10 mm), bei 0,05% +++ (>15 mm) und bei 0,5% ++++, (>20 mm),während die Teste mit den gleichen Konzentrationen bei zehn gesunden Pro-banden negativ ausfielen. Zu diesem Zeitpunkt stand kommerziell noch kein ImmunoCAP-Allergen zur spezi-fischen IgE-Bestimmung auf Chlorhexidin zur Verfü-gung, die immunologische Sensibilisierung konnte je-doch mit einer Steigerung der Lymphozytenproliferation (Stimulationsindex 4,9) im Lymphozytentransformati-onstest (LTT: Prof. W. J. Pichler, Institut für Immunologie und Allergologie, Inselspital Bern) nachwiesen werden. Es wurde damals über verschiedene toxische und aller-gische Reaktionen nach Chlorhexidin berichtet wie Kon-taktdermatitis, photoallergische Dermatitis und Kontak-turtikaria, fixe Arzneimittelexantheme und Berufsasthma bei inhalativer Exposition. Auch lagen verschiedene Fallberichte über anaphylaktische Reaktionen vor-je-doch nur nach Applikation von Chlorhexidin auf Schleimhäute (Mund, vaginal)-vor allem in Japan, so-dass das japanische Gesundheitsministerium aufgrund der zahlreichen anaphylaktischen Zwischenfälle 1984 empfahl, auf jegliche Anwendung von Chlorhexidin auf Schleimhäute zu verzichten. In der Schweiz wurden da-mals der Schweizerischen Arzneimittel-Nebenwir-kungs-Zentrale (SANZ) neun Fälle gemeldet, in denen möglicherweise das Chlorhexidin an den unerwünschten Reaktionen beteiligt war: Zweimal eine Kontaktderma-titis, zweimal Pruritus und viermal generalisierte Haute-xantheme. Anaphylaktische Reaktionen waren keine ge-meldet worden. Bei der Anwendung von Chlorhexidin auf Wunden in der tiefsten bakteriziden Konzentration von 0,05% lag weltweit, auch nach Mitteilung der Her-stellerfirma, keine Meldung über eine Hypersensiti-vitätsreaktion vom Soforttyp vor. Dementsprechend wurde die Applikation dieser Substanz auf intakte Haut oder auf Wunden als sicher eingestuft. Unsere Fallbe-obachtung stellte jedoch diese Vermutung in Frage, und wir wollten-trotz der seltenen Überempfindlichkeits-reaktionen-die Aufmerksamkeit der Leser und der In-dustrie auf die Möglichkeit von anaphylaktischen Reak-tionen lenken, da die Substanz eine extrem breite Anwendung fand und heute immer noch findet. Es wäre interessant zu erfahren, wie viele Fälle in der Schweiz seit unserer Publikation 1996 registriert wur-den. Brunello Wüthrich und Rocco Torricelli Korrespondenz: Prof. em. Dr. med. Brunello Wüthrich Im Ahorn 18 CH-8125 Zollikerberg bs.wuethrich[at]bluewin.ch
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