Die Therapie des Tetanus

E. Graser
1910 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
in Erlangen. Der Tetanus (Starrkrampf) hat seinen Namen von den anhaltenden tonischen (tetanischen ) Muskeikrämpfen, welche fortschreitend immer weitere Gebiete ergreifen und in (häufig) wiederkehrenden Anfällen eine heftige Steigerung erfahren. Heute steht es unanfechtbar fest, daß der echte Tetanus eine spezifische Infektionskrankheit ist und durch den Tetanusbacillus resp. das von diesem erzeugte Gift hervorgerufen wird. Die von Robert Koch aufgestellten Forderungen für den Beweis der
more » ... sch-pathogenen Eigenschaften von Mikroorganismen konnten beim Tetanus nur allmählich und unter Schwierigkeiten erfüllt werden: Carie und Rattone erzeugten durch Verinipfung einer Akuepustel eines tetanuskranken Menschen auf Kaninchen tödlichen Starrkrampf (1884). Nicolaier erregte durch Einverleibung von Gartenerde von verschiedenen Orten bei Versuchstieren eine dem menschlichen Tetanus ähnliche Krankheit, als deren Erreger er feine Bazillen an der Impf stelle fand, wie sie kurze Zeit darauf Rosenbach (1885) auch beim Menschen nachweisen konnte. Die Züchtung dieser mit Recht als die Erreger des Tetanus gedeuteten Bazillen gelang aber erst nach vielen vergeblichen Versuchen im Jahre 1887 dem Japaner Kitasato unter R. Kochs Leitung; er vermochte auch durch die Einverleibung der Reinkultur Tetanus zu erzeugen und so die Kette der Beweisführung zu schließen. Die Schwierigkeit der Gewinnung von Reinkulturen beruhte darin, daß der Tetanusbacillus Anaërobier ist, d. h. nur bei Fernhaltung von Sauerstoff wächst. Die zunehmende Erfahrung hat gelehrt, daß der Bacillus zu einer gewissen Toleranz gegen Sauerstoff gewöhnt werden kann; bei gleichzeitiger Entwicklung mit anderen aroben Bakterien, besonders Saprophyten wird der vorhandene Sauerstoff von diesen verbraucht, sodaß die Tetanusbazillen sich dann ungestört entwickeln können. Der Erreger des Tetanus ist offenbar sehr weit verbreitet. Man findet ihn in fast allen Erdproben, die von Gärten, Höfen oder gedüngten Feldern stammen, auch überall da, wohin diese Erdmassen als Schmutz oder Straßenstaub verschleppt werden: in Wohnräumen, Kegelbahnen, auch an Schuhen. Es ist nicht sicher festgestellt, wie die Tetanus-
doi:10.1055/s-0028-1143012 fatcat:lj2xa45ri5cvfjjy4f37qtab7e