Heimatforschung und neue Medien. Regionale und historische Themen im Kontext zu wissenschaftlichem Experiment und technischem Fortschritt
Markus Jobst
2001
CORP
unpublished
EINLEITUNG Der Vierbergelauf zählt zu einer der interessantesten Erscheinungen der alpenländischen Volkskultur. Der Brauch, dessen Ursprünge einerseits in der keltischen Besiedlung und -wissenschaftlich gesichert -im Christentum des Spätmittelalters liegen, vollzieht sich in Mittelkärnten und führt neuerdings bis zu 5000 Wallfahrer über die sogenannten "vier heiligen Berge" des Bundeslandes. Diese befinden sich im Zentrum des Klagenfurter Beckens, anliegend an die Städte Klagenfurt und St. Veit
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... an der Glan und die Reste der römisch-antiken Stadt Virunum. Inhalt und Deutung dieses herausragenden Ereignisses fordern Wissenschafter und Publizisten zur fortwährenden Auseinandersetzung mit dem Kärntner Vierbergelauf heraus. Durch das MULTIMEDIA-Produkt "Der Vierbergelaufeine Wanderung durch die Kärntner Geschichte", CD-ROM, Klagenfurt, 2000, sollte den zahlreichen Veröffentlichungen ein neues, technisch in die Zukunft weisendes virtuelles Werk hinzugefügt werden. Es vereint die Beschreibung uralten Brauchtums, seine Wandlungen im Laufe der Jahrhunderte und seine neuesten Prägungen mit aktuellen technischen Präsentationsmethoden. Was ist dieser sogenannte Vierbergelauf? Univ.-Prof. Dr. Helge Gerndt (München) stellt in der seiner Habilitationsarbeit zugrundeliegenden Untersuchung "Vierbergelauf -Gegenwart und Geschichte eines Kärntner Brauchs" unter anderem die Frage, ob zwischen einem täglich erfahrbaren Heute und einem scheinbaren Gestern, das aber doch ein Heute ist, das Problem der Verflochtenheit kulturaler Werte steht und ob dieser Brauch als "Kristallisationskern aufgefaßt werden" könne, dessen umfassende Analyse uns einen Blick in Formenfülle und Gesetzlichkeit des Zusammenwirkens unterschiedlicher Kulturmerkmale eröffnet. Ohne diesen theoretischen Ansatz weiter zu verfolgen, steht fest, daß der Vierbergelauf seit wenigstens hundert Jahren die wissenschaftliche Neugier wachgerufen hat. Außerhalb des engen regionalen Rahmens aus Tradition und Brauchtum "zählt er schon lange nicht mehr zu den unreflektierten Selbstverständlichkeiten" dieser regionalen alpenländischen Bevölkerung. Vielmehr ist er offenbar zu einem Paradigma für das hohe Alter und das Beharrungsvermögen kultureller Traditionen -auch am Schnittpunkt in neue Zeitzonen, wie sie der Beginn des 3. Jahrtausends darstellt -geworden. Mehrere Bücher und zahlreiche Abhandlungen in Aufsatzform wurden bereits dem Thema Vierbergelauf gewidmet. Es handelt sich dabei um Fotobände, die das Ablaufgeschehen dokumentieren sollen, und Sachbücher, die versuchen die Wurzeln des Brauches zu ergründen. War man bisher durch die Möglichkeiten des Buches eingeschränkt, so erhielt man mit Multimedia und CD-ROM ein Medium, mit dem nahezu jede Art der Veranschaulichung möglich wird. Besonders die junge Generation steht der neuen Technologie sehr offen gegenüber. Bücher wirken für die Jugendlichen oft langweilig oder anstrengend, der Wissenszugang wird zu abstrakt empfunden, zuviel gekaufte Literatur verstaubt in den Regalen. Eine CD wird am Computer mit großer Neugier nach neuem Wissen und anregenden Animationen durchsucht. Aber auch ältere Leute beginnen sich mit den neuen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Eine einfache und überschaubare Bedienoberfläche setzt allenfalls vorhandene Hemmungen vor dem Computer zurück. Als Grundlage diente dem Projekt ein 1984 publiziertes Sachbuch von Vinzenz Jobst. Die Überlegungen einer Neuauflage mit aktualisiertem Bildmaterial in Buchform verfolgten den Autor seit Jahren. Die Gelegenheit etwas absolut Neues herzustellen, war der Anstoß für die Durchführung. In nur acht Wochen wurde die Idee umgesetzt, das Werk verfaßt und in einer Auflage von eintausend Stück hergestellt. Die Möglichkeiten, Schwerpunkte und Schwierigkeiten bei der Durchführung sollen nachfolgend behandelt werden. 2 DIE NEUEN MÖGLICHKEITEN DER PRÄSENTATION Die Entscheidung, ein neues Medienprodukt herzustellen, begründet sich in mehreren Überlegungen. Zunächst entsteht die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Unterfangens und nach den Vorteilen gegenüber den herkömmlichen Methoden. Um Texte und Bilder zu präsentieren, wird keine Multimedia CD gebraucht. Diese Aufgabe erfüllt durchaus ein gut gestaltetes Sachbuch. Ein übersichtliches Layout und ein handliches Format bieten dem Interessierten jede Möglichkeit, beliebigen und schnell die notwendigen Informationen nachzuschlagen. Die Stärke einer CD liegt in der interaktiven Rezeption. Das Eintreten des Benutzers in Visualisierung und verschiedene digitale Komponenten steigern den Lerneffekt erheblich. Verbindungen geografischer Interpretationen mit Satellitenbildern, Animation und Texten erleichtern die Wissensbildung. Nachdem Inhalte in überschaubare Stücke zerteilt sind, kann die Information schnell aufgefasst werden. Idealerweise können diese Eigenschaften für eine Vor-und Nachbereitung eingesetzt werden. Der erkundete Brauch wird zu einem einmaligen Erlebnis, da dieser nicht durch das Suchen in einem Buch vor Ort gestört, sondern durch den Wiedererkennungseffekt interaktiver Arbeit ergänzt wird. Die Interaktivität kann verschiedenste Formen annehmen. Hier eine Auswahl: • Ein Satellitenbild oder eine topografische Karte mit "clickable"-Bereichen. Die gezeigte geografische Information wird durch vorerst unsichtbare Ergänzungen, die eine Grafik überladen würden, komplettiert und erklärt. Diese werden erst durch eine Berührung sichtbar. Die somit erworbene Erkenntnis wird mit der Lage und Zusätzen, wie Waldgebiet, Strasse, usw., verbildlicht und gemerkt. Das komplette Interessensgebiet kann auf diese Weise erkundet werden. Dabei kann es durchaus zu wiederholten Aufrufen kommen, wodurch die Aufnahme gesteigert wird. • Animationen in Bereichen von Karten oder Tabellen vertiefen und veranschaulichen das gezeigte Thema. Das mögliche Eingreifen in die Animation, oder diese sogar zu verändern, fasziniert und lädt zu weiteren Informationsextraktionen ein. Das Verstehen wird spielerisch auf visuelle und betätigende Art erleichtert. • Ein Spaziergang in der dreidimensionalen Welt verdeutlicht die Geländeeigenschaften. Einschränkungen in der Bewegung verhindern eine Mißinterpretation. Vorgefertigte Führungen bzw. Flüge heben die wichtigen Merkmale hervor, sofern diese dem Benutzer genug Zeit zur gedanklichen Aufnahme lassen. Auch hier erhöhen Entscheidungseingriffe die Lernfähigkeit. • Die Einbindung des WorldWideWeb mit Links in den Karten, Bildern oder Texten, läßt eine ständige Aktualisierung des Herstellers zu. Veränderliche Daten können nachgeführt werden. Für den Benutzer bietet das erstandene Produkt immer wieder Neues.
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