Die Ortenau. - 14 (1927)
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2022
Die 11. ordentliche Hauptverſammlung fand am 18. Juli 1926 in Bühl ſtatt. Die geſchäftlichen Verhandlungen begannen vormittags ½11 Uhr im Rathausſaal. In der Eröffnungsanſprache begrüßte unſer Vorſitzender, Herr Gutsbeſitzer Rößler, Neuweier, die zahlreich Erſchienenen und kam dann kurz auf die Aufgaben des Vereins zu ſprechen. Namens der Stadt Bühl begrüßte Herr Bürgermeiſter Pr. Grüninger die Gäſte und wünſchte den Beratungen in dem hiſtoriſchen Rathauſe nutzbringenden Verlauf. Für die
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... ppe Bühl des Hiſtoriſchen Vereins ſprach Herr Gemeinderat Peter. Der Schriftfübrer des Hauptvereins, Profeſſor Pr. Batzer, Offenburg, dankte den Vertrauensmännern in Bühl, daß ſie ſich der großen Mühe unterzogen, die Tagung vorzubereiten; beſonders haben die Herren Obmann Peteru. Schriftführer Oberlehrer Mayer einen großen Teil der Arbeit abgenommen; Herr Bürgermeiſter Dr. Grüninger und der Gemeinderat haben dem Verein ſehr viel Entgegenkommen und großes Verſtändnis entgegengebracht; ferner gebühre Dank Herrn Direktor Brommer für die gehabte Mühe u. Arbeit u. insbeſondere dem Feſtredner, Herrn Univerſitätsprofeſſor Dr. Sauer, der, trotzdem er mit Arbeit überhäuft ſei und kaum freie Zeit habe, ſich bereit erklärte, die Feſtrede zu übernehmen. Dann legte der Schriftführer den Jahresbericht ab. Ueber die Grimmelhauſenausſtellung vgl. Ortenau 13, S. V. Von den Ortsgruppen habe man keine Berichte verlangt; der Ausſchuß habe vor kurzem beſchloſſen, nur alle 2 Jahre Ortsgruppenberichte zu veröffentlichen. Gleichwohl müſſe mitgeteilt werden, daß in den Ortsgruppen überall rege Tätigkeit entfaltet würde. Die letztjährige Hauptverſammlung war die Urſache, daß die 18. Ortsgruppe in Hornberg gegründet werden konnte. Betreffs der "Ortenau" ſeien zwei Aenderungen getroffen worden: Einmal ſeien verſchiedene Arbeiten veröffentlicht worden, die für das ganze Vereinsgebiet Intereſſe haben; dieſer Modus ſoll beibehalten, doch ſelbſtverſtändlich in der Hauptſache die ſpezielle Lokalgeſchichte wei-tergepflegt werden; und zum zweiten ſeien der hohen Koſten wegen die Tafeln durch Illuſtrationen im Text erſetzt worden. Herr Kaufmann Oeſterreicher als Rechnungsprüfer habe die Kaſſe und ihre Führung in Ordnung befunden. Die Verſammlung erteilte Entlaſtung an den Rechner, Herrn Kaufmann Siefert, Offenburg. Dieſer verwies auf die Veröffentlichung des Rechenſchaftsberichts in der "Ortenau", er wider Erwarten günſtig ausgefallen. Zwei Anträge um Zuweiſungen lagen vor: Bei dem erſten handelte es ſich um die Erneuerung eines Fachwerkhauſes aus dem 18. Jahrhundert in Schuttern, für die nach warmer Befürwortung durch Herrn Baurat Vögele in Offenburg durch einſtimmigen Beſchluß ein Beitrag von 50 M. bewilligt wurde. Der zweite betraf die Ausgrabungen auf dem Lützelhard. Herr Gymnaſiumsdirektor Dr. Steurer, der erſte Vorſitzende der Lahrer Ortsgruppe, erbat hierfür die Unterſtützung des Hauptvereins, die dann auch im Betrage von 100 M. einſtimmig beſchloſſen wurde. In der Begründung ſeines Antrags legte Herr Gymnaſiumsdirektor Dr. Steurer die große geſchichtliche, beſonders auch baugeſchichtliche Bedeutung der Ausgrabungen dar, die bereits zur teilweiſen Freilegung einer alten romaniſchen Burganlage von unerwarteter Ausdehnung geführt haben. Skizzen, die er mitgebracht hatte und herumreichte, unterſtützten die überzeugenden Ausführungen. Herr Hauptlehrer Bin der betonte, daß die Ergebniſſe der Ausgrabungen geeignet ſeien, Aufſchlüſſe zu geben über den geſchichtlichen Hintergrund der Sage von Walter von Geroldseck und Diebold von Lützelhard. Herr Oberamtsrichter Freiherr von Glaubitz teilte eine intereſſante, wenig bekannte Faſſung der Geroldsecker Sage mit. XII heit kann nur durch koſtſpielige Grabungen, durch langwieriges, mühſamſtes Quellenſtudium erſchloſſen werden. -Die Gelehrten Schumacher und Frabrieius nehmen an, daß in der Nähe der heutigen Rheinbrücke ein Kaſtell ſtand und von dem Platze des heutigen Bahnhofs aus die Straßen nach Norden (Baden) und nach Süden ſich erſtreckten. Trotz eingehender Unterſuchungen konnte keine Spur einer römiſchen Siedelung bis jetzt am Kehler Bahnhofsplatz aufgefunden werden (4 Grabungen 4 mtief in den Jahren 1912, 1922, 1923, 1924). Dagegen gelang es dieſes Jahr, an 3 verſchiedenen Stellen der alten Riedſtraße (vom 16. Jahrhundert an Goldſcheuerſtraße genannt) in 2m Tiefe Kies aufgeſchüttet zu finden, dann in etwa 1 m Tiefe quer über den etwa 4 m rbreiten "Hochweg" ſtarke Holzwellen feſtzuſtellen, auf denen wiederum eine ſehr feſte etwa 30-40 em ſtarke Kiesſchicht lagerte. Darüber lag dann etwa 20 em Humus, worauf der moderne Feldwegbelag bis zur Oberfläche folgte. Am Rande der Stadt war eine Unterſuchung noch nicht möglich; die gleiche Art der Straßenbefeſtigung wurde durch kleinere private Grabungen in Verbindung mit den Kanaliſationsarbeiten etwa 100 m vor der heutigen Kinzigbrücke feſtgeſtellt, ſo daß man zu der Annahme gelangt, daß von Hundsfeld aus -ohne Kehl zu berühren -die Römerſtraße über die Kinzigbrücke nach Baden-Baden führte. Im Hundsfelder Gewann konnte die Straße nur an einer Stelle nachgewieſen werden. Die vielen Veränderungen in den Kiesſchichten erſchweren ſehr die Unterſuchungen. -Andere Grabungen, die die Ortsgruppe ausführte, bezogen ſich auf die Feſtſtellung der Lage des Schloſſes Burneck. Pläne vom 15. Jahrhundert weiſen auf eine befeſtigte Anlage an der heutigen Vorſchußbank hin. In einer Tiefe von 1½ m wurden Mauern von einer Breite von 2 m vorgefunden; die Steine waren aber offenbar durch das Zurücktreten des Grundwaſſers ſo weich geworden, daß ſie in der Hand zerbröckelten. Die Form des aufgefundenen Gemäuers weiſt auf den Eingang eines burgähnlichen Platzes hin. Verſchiedene, mit großer Fertigkeit behauene Steine wurden auf der andern Seite der Karlsruher Straße vorgefunden (2 mtief). -Endlich wurde durch eine Grabung der Verlauf der nördlichen Feſtungsmauer des Vauban'ſchen Feſtungswerkes im Garten des Herrn Schillinger feſtgeſtellt. Die Grabungen werden mit den Mitteln der hieſigen Ortsgruppe im Jahre 1927 fortgeſetzt werden.
doi:10.57962/regionalia-18746
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