PHILOLOGIE UND LITERARISCHE ÜBERSETZUNG: WAS EINEM STIEFKIND SO ALLES ZUGEMUTET WIRD

Kurt Rüdinger
2000 mAGAzin Revista intercultural e interdisciplinar  
E s scheint so durchgesetzt, dass man immer extra daraut hinweisen muss, dass in keinem der benachbarten Fachgebiete die theoretische Abteilung so schonungslos, beleidigend, ja vernichtend mit den jeweiligen Praktikem ihres Genres umgeht, wie dies bei der Übersetzung und ihrem Ableger, der Tra duktologie, der Fall ist. Wahrend es beispielsweise in der Literaturwissenschaft durchaus üblich ist, noch den seichtesten Unsinn aber auch aller Autoren, die es aus hier nicht zu klarenden Gründen zu
more » ... m gewissen Bekannheitsgrad gebracht haben, zu einem unverzichtbaren, luziden Beitrag zur jeweiligen Sozio•, Regional-, Landes-oder gar Weltkul tur (wie denn wohl Letzteres?) zu verklaren 1, schlagt ausgerechnet denjenigen, die sich abmühen, dieselben Literaturprodukte einem breiteren Leserpublikum zuganglich zu machen, umso schrofferes Misstrauen, ja Ablehnung entgegen. lm ungefragt mitgelieferten Eva luierungskatalog reichen die Vorwürte von Ausschluss erklarungen ("unmóglich", "lückenhaft") über moralische Abqualifizierungen ("unfahig", "vermessen") bis hin zur lnkriminierung in anderen Zusammenhangen stratrech tlich relevanter Tatbestande wie "Falschung", "Verrat". Nicht viel anders ist es um den zweiten Nachbarn be stellt, der selbstbewusst und vollmundig in das Terrain der Übersetzungstheorie eindringt: Wahrend die Lin guistik, zumindest in ihrer modernen deskriptiven Be scheidenheit und ihren pragmatischen Auspragungen dem Sprecher/Hórer und seinem unmittelbaren
doi:10.12795/magazin.2000.i07.04 fatcat:mk2oeo22nbfhzefcnyqoslchp4