Der Einfluss der militärischen Ausbildung auf das geistige Inventar des Soldaten
Ernst Rodenwaldt, Dr.
1906
European Neurology
Roden wul dt, Der Einfluss der militärischen Ausbildung bei Kranken" drängte sicli wohl jedem Leser, militärischen wie medizinischen Berufes, die Frage auf: "Wenn dies die Leistungen der eben eingestellten Rekruten sind, wie stellt es mit dem geistigen Inventar der Mannschaften am Ende ihrer Dienstzeit, sind sie stillgestanden, haben sie an Kenntnissen auf einem Ge biete gewonnen, auf anderen verloren, oder sind sie im ganzen fortgeschritten und um wieviel?" Vom medizinisch-psychiatrischen
more »
... punkt ist die Frage zunächst interessant als Nachprüfung der vorigen Arbeit und ihrer Ergebnisse, dann unter der Erwägung, dass eine geistige Schulung in der Instruktion erstrebt wird, ob die Leute ihre Kenntnisse verbessern und erweitern, drittens, ob unter dem Einfluss körperlicher Schulung, welche aus ungelenken Menschen mit geringer Beachtung ihrer körperlichen Haltung exakt mit ihren Gliedmassen nach gegebenen Regeln arbeitende Männer macht, eine Schulung, die das Gehirn in den Besitz wohl ge ordneter und in sich ausgeschliffener Assoziationskomplexe setzt, ob unter diesem Einflüsse sich Parallelerscheinungen auf dem Gebiete geistiger Leistungen einstellen, ob die geistige Orientierung mit der körperlichen Hand in Hand geht, und ob der körper lichen exakten, schnellen Reaktion auf gegebene Reize (Kom mandos) auch ähnliche rasche Reaktion mit geistigen Leistungen entspricht. Schliesslich, falls diese Annahmen zuträfen, wäre es interessant, zu sehen, wie weit die geistige Kapazität der Leute einer Zunahme fähig ist. Vom militärischen Standpunkt ist es von hohem Interesse, zu sehen, wie weit die soldatische Schulung auch eine geistige Schulung unseres Volkes darstellt, wie weit die Methode militärischer Erziehung einen Einfluss auf die Entwicklung oder Entfaltung geistiger Eigenschaften auch auf anderen Gebieten ausübt, wie weit somit die militärische Ausbildung, die im Stande ist, mit dem grösseren Zwange eines strengen "Muss" zu arbeiten, es vermag, Lücken in der Ausbildung unseres Volkes auszufüllen. Bei der neuen Prüfung sind zur Untersuchung gekommen sämtliche Leute des dritten Jahrganges, des Jahrgangs 1902 des Regiments. Dieselben Leute, die ich im vorigen Jahre als Re kruten prüfte, nunmehr nach einem Jahre etwa noch einmal zu prüfen, trug ich Bedenken, erstens, da erst ein Jah r seit jener Untersuchung vergangen ist, und nach den Resultaten der Arbeit doch in allen Gebieten längere Einwirkungszeiten nötig zu sein scheinen, ehe etwas zum festen Besitz wird, zweitens, weil man doch annehmen kann, dass die einen oder . anderen auf Grund jener Fragen sich orientiert und erkundigt haben, so dass das Resultat nicht der Wirklichkeit entspräche. Schliesslich, glaube ich, ist, wie aus der erneuten Berechnung erhellt, das Material des dritten Jahrganges im Durchschnitt zu sehr dem des ersten Jah r ganges gleich, als dass daraus ein Unterschied im Resultat er wachsen könnte. Die Anordnung des Versuchs war gena'u die
doi:10.1159/000213369
fatcat:7lshfo5kyvgelpmryvtbpcxlya