Dolmetschen als Schlssel zur Chancengleichheit
Carlos Quinto, Robin Rieser, Barbara Weil
2021
Schweizerische Ärztezeitung
Die Kommunikation zwischen medizinischem Personal und Patient ist einer der wichtigsten Faktoren, um eine erfolgreiche Behandlung gewährleisten zu können. Sprachliche und kulturelle Unterschiede machen ei nen Austausch zwischen den Beteiligten schwierig oder teilweise gar unmöglich. Die weltweite Migration führt zu einer stärkeren Durchmischung verschiede ner Kulturen und Sprachen, Verständigungsprobleme, welche damit einhergehen, führen oft dazu, dass die gesundheitliche Chancengleichheit
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... mehr ge währleistet ist. Das Überbrücken dieser Barrieren ge schieht im besten Fall durch professionelle Dolmet schende. Der aktuelle Stand in der Schweiz beim Dolmetschen im Gesundheitswesen wird nachfolgend beleuchtet. Vielfalt als Herausforderung Die Schweiz ist ein Land mit einer mehrsprachigen Tradition. Vier offizielle Landessprachen werden in unserem Land gesprochen. Es treffen Sprachkulturen aufeinander, vermischen sich oder entfernen sich voneinander. Der «Röstigraben» zwischen der Deutschschweiz und der Romandie ist das wahr scheinlich prominenteste Beispiel. In der Schweiz sprechen vier von zehn Personen einmal pro Wo che zwei Sprachen, jede fünfte Person drei Spra chen und 7% vier oder mehr Sprachen. Zu unse ren Landessprachen kommen die Muttersprachen der in der Schweiz wohnhaften Ausländer dazu; fast ein Viertel der Bevölkerung stammt ursprüng lich nicht aus der Schweiz. Ein Teil der zugewander ten Personen, insbesondere bildungsferne, be herrscht die Landessprachen nur teilweise oder gar nicht und ist deswegen in verschiedenen Bereichen benachteiligt. Bildung, Gesundheit und soziales Um feld sind nur einige der betroffenen Bereiche. Unver ständnis und Missverständnisse machen es den Be troffenen schwer, sich verständlich auszudrücken und für ihre Gesundheit einzustehen [1]. Der Zugang für Benachteiligte ist schwieriger Personen, welche eine tiefe Bildung, ein niedriges Ein kommen oder eine schlechte berufliche Stellung auf weisen, haben ein höheres Risiko für verschiedenste Erkrankungen sowie eine kürzere Lebenserwartung. Sie zeigen mehr gesundheitsschädliches Verhalten, treiben weniger Sport, essen ungesünder. Diese Bevöl kerungsgruppe ist deshalb umso mehr auf eine gute medizinische Versorgung angewiesen. Schwierigkei ten sich auszudrücken sind in der Schweiz bei Migran ten verbreitet: Knapp 10% der Migranten der 1. Genera tion geben an, keine der offiziellen Landessprachen zu beherrschen. Mancherorts werden deshalb bewusst Ärzte mit ausländischen Diplomen beschäftigt, um diese Sprachbarrieren zu überwinden. In den meisten Fällen stehen sich die Parteien jedoch ohne professio nelle Hilfe gegenüber. Angehörige, Bekannte oder die Kinder der Betroffenen übernehmen dann die Über setzungsaufgabe in der Praxis. Solche Laienübersetzer sind zwar in vielen Fällen hilfreich, bringen aber auch Probleme mit sich. Unvollständige Übersetzungen, das bewusste Vorenthalten von Informationen, Auslassen von Tabus und unangenehmen Fragen können bei Lai enübersetzungen dazu führen, dass unnötige Unter suchungen und Behandlungen durchgeführt werden oder angezeigte Behandlungen nicht stattfinden. Es entstehen unnötige Kosten und Frustration auf beiden Seiten. Eine Übersetzung durch professionelle Dolmet scher berücksichtigt die sprachlichen Finessen der Ursprungs und Zielsprache, die kulturellen Kontexte Knapp 10% der Migranten der 1. Generation geben an, keine der offiziellen Landessprachen zu beherrschen. FMH Public Health 488 SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG -BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES -BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI 2021;102(15):488-489 Published under the copyright license "Attribution -Non-Commercial -NoDerivatives 4.0". No commercial reuse without permission.
doi:10.4414/saez.2021.19711
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