Keine einfachen Lösungen – Überlegungen zur Reform des Jugendarrests

Kevin Franzke
2018 Recht der Jugend und des Bildungswesens  
Es wird wieder über die Abschaffung des Jugendarrests diskutiert! Auslöser der aktuellen Debatte, die vor allem in Sachsen-Anhalt stattfindet, war der Fall einer Schülerin, die auf der Flucht vor der Polizei vom Balkon gestützt und gestorben ist. Die Polizisten sollten das Mädchen einem Ungehorsamsarrest zuführen, weil sie ein Bußgeld nicht gezahlt hatte und dieses daraufhin in eine Arbeitsauflage umgewandelt wurde, der das Mädchen nicht nachgekommen war. Auch wenn der Fall damit atypisch
more » ... rt zu sein scheint, nahm ihn die Fraktion der LINKEN zum Anlass, die gänzliche Abschaffung des Jugendarrests zu fordern. 1 In der Fachdiskussion geht der Trend hingegen in jüngerer Vergangenheit in eine andere Richtung. So führten vor allem die neu geschaffenen Landesjugendarrestgesetze in inzwischen elf Ländern 2 dazu, über Details des Arrestvollzugs und Projekte zur pädagogischeren Gestaltung zu diskutieren. Dieser Beitrag möchte aufzeigen, dass weder die vollständige Abschaffung des Arrests noch allein die Optimierung der Vollzugsbedingungen eine befriedigende Reformperspektive darstellen. Nach einer kurzen Bestandsaufnahme wird dazu die Vielfalt der Stellschrauben aufgezeigt, an denen Bundes-und Landesgesetzgeber, Staatsanwälte, Strafrichter, Vollzugsleiter und Pädagogen drehen können, um dem Arrest einen sinnvollen Anwendungsbereich zu geben. Bestandsaufnahme Rechtliche Grundlagen Arrest kann der Jugendrichter als Urteils-aber auch als Beschlussarrest verhängen. Als Urteilsarrest ist er der Gruppe der Zuchtmittel zuzuordnen ( § 13 Abs. 2 Nr. 3 JGG) und steht mit seinem ahndenden Charakter somit zwischen den rein erzieherisch ausgerichteten Erziehungsmaßregeln einerseits und der Jugendstrafe andererseits, die anders als der Arrest ( § 13 Abs. 3 JGG) echte, registerpflichtige Kriminalstrafe ist. Er wird als Freizeitarrest für bis zu zwei Freizeiten regelmäßig von Samstag 8:00 Uhr bis Montag 7:00 Uhr ( § 25 Abs. 3 JAVollzO), als Kurzarrest für bis zu vier Tage oder als Dauerarrest für bis zu vier Wochen verhängt ( § 16 JGG). Seit 2013 kann jede dieser Arrestformen auch mit einer nach § § 21, 27 oder 61 JGG bedingten Jugendstrafe als "Warnschussarrest" gekoppelt werden. 3 1 2 2.1
doi:10.5771/0034-1312-2018-4-428 fatcat:ldfjjeiiyzfxxjckr4zhe3nj3a