Zum Tode Max Beckmanns

Franz Roh
2020
Mit Beckmann ist der entscheidende Meister des deutschen Expressionismus dahin gegangen, wenn man unter dieser Richtung nicht nur Nolde und die Maler der "Brücke" verstehen will. Beckmann war eine machtvolle Natur und von dämonischem Schaffens drang. "Ich würde mich durch sämtliche Kloaken der Welt, durch sämtliche Erniedri gungen und Schändungen hindurchwinden, um zu malen." In zähem Ringen mit der Form und Farbe war er allmählich in jenen kleinen, geweihten Kreis der wenigen zeit
more » ... von Deutschland ausgehenden Maler eingetreten, die Weltgeltung er langten. Sind diese Meister doch bald aufgezählt: wahrscheinlich ist ihr Kreis mit Klee, Kandinsky, Marc und Beckmann, höchstens noch Kirchner, Nolde und Baumeister vorläufig geschlossen. Vergleicht man Beckmann mit den genannten, so kann man seine kunstgeschichtliche Sonderstellung schon jetzt fixieren. Beckmanns Frühwerke führen die Überlieferung des späten 19. Jahrhunderts fort, beinah in der Nähe Corinths stehend: zunächst finden wir einen machtvollen Naturalismus, welcher Mensch, Innenraum oder Landschaft lebensnah, aus erster Quelle packen möchte, mit dumpfen, derben Farben und einem Minimum formaler Reduktionen. Nichts von dem Ausdrudeskanon immer wiederkehren der Formen, die der Kubismus, die "Brücke" oder der "Blaue Reiter" in verschiedenen Graden der Abstraktion bereits entwickelt hatten. Deshalb polemisierte Beckmann, als Marc 1912 im "Pan" über "die konstruktive Idee der neuen Malerei" schrieb, schärfstens gegen diesen Generationsgenossen, Marcs Bilder "sibirisch bajuvarische Marterlnplakate" nennend. Bald aber begann auch Beckmann, seine Figuren seltsam im Bildvierecke auszuwinkeln. "Spätgotische" Konstruktionen wurden spürbar und größere Farbenfelder traten in Spannung zueinander. 25
doi:10.11588/kc.1951.2.74646 fatcat:qbjrro7wjjaoda7ue5nd4q4kie