Medienwechsel und kultureller Kontext. Die Entstehung der griechischen Sachprosa [chapter]

Jochen [Hrsg.] Althoff
2019
Markus Asper (Penn State) Medienwechsel und kultureller Kontext. Die Entstehung der griechischen Sachprosa Heute versteht man unter ,Philosophie* und .Dichtung* im allgemeinen zwei ver schiedene und einander in ihren textuellen Realisierungen kaum berührende Aus drucksbereiche. Dieser Zustand ist das Resultat einer Differenzierungsgeschichte, in deren Verlauf, von Platon bis heute, sich als bevorzugtes Medium für Philoso phie etwas anderes als Dichtung durchgesetzt hat, nämlich die uns allen so
more » ... vertraute Prosa. Daß uns heute Prosa als Medium der Wissensvermittlung selbstverständlich und viel geläufiger ist als Dichtung, sollte nicht anachronistisch dazu verführen, schriftliche Prosa im 6. Jh. v. Chr. für ein selbstverständliches Äquivalent der Dich tung zu halten, wie es, schon seit Hippias, meist geschehen ist.1 In diesem Fall sind die modernen Literaturgeschichtler einfach den antiken Konzepten, z.B. Strabons und Plutarchs, gefolgt, für die die Frage nach einem primus auctor wichtiger war als dessen Motive und die den Vorgang der Prosaentstehung und -Verbreitung als ein bedauerliches Beispiel für kulturelle Deszendenz verstanden haben.2 Dazu hat vermutlich beigetragen, daß man Prosa als einen defizienten Modus von Dichtung betrachtete. Eine Koryphäe wie Eduard Norden ermuntert uns dazu, den Unterschied zwischen den Ausdrucksformen "Prosa und Poesie" einfach für "sekundär" zu hal ten.3 1 W. Jaeger, Paideia. Die Formung des griechischen Menschen, Bd.
doi:10.11588/propylaeumdok.00004582 fatcat:dvxh3lqa55h5foehk3rlw2rdti