Jan Assmann, Stein und Zeit. Mensch und Gesellschaft im alten Ägypten
Wolfgang Schenkel
2020
und Zeit. Mensch und Gesellschaft im alten Ägypten. München: Fink 1991. 335 S., Abb. gr. 8° ISBN 3-7705-2681-3 DM 68,-. I n diesem Band sind zwölf Texte von Jan Assmann zusammengestellt, die fast ausnahmslos im letzten Dezennium geschrieben sind bzw. gedruckt wurden; ledig lich ein Text reicht in die Mitte der 70er Jahre zurück. Es sind Texte unterschiedlicher Faktur, sie reichen von origina len Forschungsarbeiten bis hin zum anspruchsvollen Feuille ton. Die große Mehrzahl entstand als Beiträge
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... zu interdiszi plinären Veranstaltungen. Der Band beleuchtet unter einer Vielzahl, ja man darf sagen: Fülle von Gesichtspunkten die hohe symbolische Kultur des Alten Ägypten, nicht also die materielle und auch nicht, von fallweiser Kontrastierung abgesehen, die Alltagskultur. Solches sagt auch der Untertitel. Weniger geglückt erscheint der Haupttitel, es sei denn in verkaufsför dernder Hinsicht. Der Anklang an ein bedeutendes philo sophisches Werk signalisiert Tiefgründiges. Nun ist mit dem Stichwort Stein (im Vorwort spielt der Verf. auch mit dem Gedanken einer "Steinzeit", ohne allerdings auch auf dieser Schiene über Assoziationen hinauszukommen) ein wesentli cher Aspekt der altägyptischen Kultur angesprochen: der Stein als ein dauerhaftes Material, genutzt zum Zwecke der Kompensierung der endlichen Dauer des menschlichen Lebens oder, um es mit des Verfs. Worten zu sagen: der "Stein als Medium ägyptischer Erinnerung und Selbstver ewigung", die "Zeit als Dimension, in der und gegen die diese Kultur des Steinernen aufgestellt ist"; "der vornehm ste Heilsweg ist der monumentale Steinbau". Schließlich und nicht zuletzt wird der dauerhafte Steinbau im Sinne der Herrschenden zur Symbolisierung der Fortdauer ihrer Herr schaft genutzt. Wer nur des Titels wegen das Buch kauft, wird durch seinen Inhalt entschädigt. Die Texte sind zu drei Themenkreisen ä je vier Themen gruppiert, denen eine für den jetzigen Zweck geschriebene Einleitung vorangestellt ist. Der erste Kreis, wie das ganze Werk mit "Stein und Zeit" betitelt, soll "Grundstrukturen der symbolischen Kultur" behandeln. Die Besprechung die ses ersten und Hauptkreises sei, um trotz der gebotenen Kürze doch auch Facettenreichtum und Detailproblematik des Buches aufleuchten zu lassen, über das bloße Referat hinaus mit ein paar Arabesken versehen. Der Verf. läßt sich nicht gerne einen interessanten Gedanken entgehen, mit der Folge, daß manches aufgegriffen wird, was nicht bruch los aneinander paßt, und manches, was ihm selbst Unge mach bereitet. In Kap. I werden die flüchtige "Gebrauchskultur des All tags" und die "Monumentalkultur der Ewigkeit" einander entgegengesetzt, Lehmbau und Steinbau, Kursivschrift auf Papyrus und hieroglyphische Monumentalschrift. Geradezu bestürzend die Parallele pharaonischer und faschistischer, zumal nationalsozialistischer Herrschafts-Architektur, deren ideologiekritisches Potential noch extensiver hätte genutzt werden können.
doi:10.11588/propylaeumdok.00004850
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