Katrin Diehl: Die jüdische Presse im Dritten Reich. Zwischen Selbstbehauptung und Fremdbestimmung

Yizhak Ahren
1998
Medie11wi.1·se11sc/wfi 1 /98 III Buch, Presse und andere Druckmedien Katrin Diehl: Die jüdische Presse im Dritten Reich. Zwischen Selbstbehauptung und Fremdbestimmung Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1997 (Conditio Judaica, Band 17), XIII, 362 Seiten, ISBN 3-484-65117-2, DM 142.-Der Holocaust war nach Ansicht ernstzunehmender Historiker nicht vorhersehbar, jedoch können wir im Rückblick Anzeichen erkennen, die die bevorstehende Katastrophe ankündigten. Die sich zuspitzende Entwicklung, die im
more » ... enmord gipfelte, wirkte sich in verschiedenen Lebensbereichen aus, und dementsprechend müssen Wissenschaftler bei der Rekonstruktion der Geschichte diverse Gebiete unter die Lupe nehmen. Katrin Diehl hat mit ihrer Dissertation über das Schicksal der jüdischen Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland von 1933 bis 1943 sowohl eine Lücke in der deutschen Pressegeschichte geschlossen als auch einen Beitrag zur Dokumentation der nationalsozialistischen Judenverfolgung geliefert. Die Autorin hat den Rechtsrahmen der jüdischen Presse im Dritten Reich untersucht und ist insbesondere der Frage nachgegangen, welche Formen des Widerstands jüdische Journalisten gegen die braunen Machthaber praktiziert haben. Diehls gut lesbare Darstellung beruht auf mehreren Säulen. Die bereits vorhandene Memoiren-und Forschungsliteratur hat die Autorin sorgfältig ausgewertet. Außerdem hat sie in zahlreichen Archiven geforscht und mit einigen Journalisten Interviews geführt, die in der Nazizeit für die deutsch-jüdische Presse gearbeitet haben. Es kommt ein facettenreiches Bild zustande, das trotz kleiner Irrtümer hier und da überzeugend wirkt. Diehl bekennt, daß sie bei ihren Untersuchungen auf Überraschendes stieß, und sicher werden auch die meisten Leser über manche Befunde staunen. So erfahren wir, daß das Propagandaministerium paradoxerweise die Zeitung des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens von 1933 bis 1938 finanziell unterstüzte. Seltsam erscheint uns auch heute die Erklärung der Staatspolizei für die Beschlagnahme einer Ausgabe der Zeitschrift Der Morgen; die Zeitschrift wurde verboten, "weil in der Monatsschrift behauptet wird, Juden hätten in Deutschland 'Kulturtaten' vollbracht" (S. l l 6f.). Wer die Zeit des Dritten Reiches nicht miterlebt hat, der wird nicht wissen, daß der öffentliche Verkauf jüdischer Zeitungen ab Oktober 1935 verboten war -Nichtjuden sollten diese Blätter nicht mehr erwerben können. Nach 1933 wurden in Deutschland insgesamt 146 jüdische Zeitungen und Zeitschriften gedruckt, davon 51 Gemeindezeitungen. In einer Tabelle werden diese Publikationsorgane einzeln vorgestellt (Titel, Ort und Dauer des Erscheinens, Auflage, Periodizität, Schriftleitung); einige Felder in der Tabelle sind leer geblieben, tüchtige Forscher könnten die Lücken ausfüllen. Ins Detail gehend beschreibt und analysiert Diehl die folgenden vier auflagestarken Blätter: die Jiidische Rundschau,
doi:10.17192/ep1998.1.3408 fatcat:xzrrid5kureepknl327pxonhaq