Die Schulärztin

J. Waldschmidt
1903 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Die Schularztfrage hat wiederholt an dieser Stelle Besprechung und Würdigung gefunden, und man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass die luer gefallenen gewichtigen Worte mit dazu beige-. tragen haben, dem Schularzt schneller Eingang zu verschaffen, als wie man es bei anderen durchgreifenden Maassregeln zu erleben gewohnt ist. Gewiss sind wir vielerorts auch jetzt noch nicht über ein sogenanntes Versuchsstadium hinaus gekommen, aber die "Versuche" mehren sich, nirgends werden noch Bedenken
more » ... insichtlich der Nützlichkeit und Möglichkeit einer solchen Institution erhoben, ja die Reihen derer, welche aus Furcht vor dem Eingriff in die pädagogische Freiheit anfänglich durchaus ablehnend sich verhielten, lichten sich zusehends, und man hört Worte der Anerkennung und des Lobes. Und das dürfte in erster Linie dem Umstande zu verdanken sein, wie die Schularztfrage seitens der Gemeindebehörden angebahnt, vor allem aber seitens der Aerzte ausgeführt wird. Sicherlich bleibt man bei dem Bisherigen nicht stehen, die Frage wird sich weiter entwickeln und zu Gunsten der heranwachsenden Jugend immer festere Gestalt annehmen. Hierbei ist indess nicht nur an die Verallgemeinerung, an die obligatorische Einsetzung von Schulärzten gedacht, sondern der stillen Hoffnung Raum gegeben, dass sich die Funktionen des Schularztes erweitern und vervollkommnen möchten. Bekanntlich wirkt der Schularzt heute nach zweierlei Richtung: er hat die baulichen Einrichtungen der Schule zu überwachen und den Gesundheitszustand der Kinder zu beobachten. Eine dritte, sehr wesentliche Thätigkeit sollte dem Schularzte übertragen werden, die ihn gleichzeitig dem Lehrkörper näher bringt und thn direkt in den Reihen der Lehrenden erscheinen lässt. Eine neuere Verfügung des preussischen Kultusministers, betreffend Massnhmen ur Bekämpfung der Trunksucht bestimmt, dass auch nicht eine einzige Volksschule sich der nachdrücklichen Betheiligung an den Kämpfen gegen das unheilvolle Uebel der Trunksucht ent-
doi:10.1055/s-0028-1138599 fatcat:teynoebtnzajbnkuo3f5gg5zxm