Dokument 24-43 [chapter]

Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland (1949-1950)  
Ministerialdirigent Blankenhorn an den niedersächsischen Finanzminister Strickrodt 0700/0113/50 6. Januar 1950 1 Sehr geehrter Herr Minister, besten Dank für Ihr freundliches Schreiben vom 3. Januar 2 . Der Auswahl der konsularischen Vertreter für die verschiedenen fremden Länder wird ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden müssen. Meiner Ansicht nach kommen weder solche Persönlichkeiten in Frage, die unter früheren Regimen in diesen Ländern tätig waren, noch aber solche, die als
more » ... en in diesen Ländern gegenwärtig leben, denn sowohl im einen als auch im anderen Falle muß mit erheblicher Kritik von den verschiedensten Seiten her gerechnet werden. Die Planung für die kommenden Missionen 3 ist noch nicht abgeschlossen. Wir werden aber dabei diese Überlegungen berücksichtigen und dafür sorgen, daß Persönlichkeiten herausgehen, die die Garantie geben, daß die deutschen Interessen in gebührender Weise vertreten werden. Darf ich mir erlauben, Ihnen nachträglich meine allerherzlichsten Glückwünsche zum Jahreswechsel zu übersenden. Mit freundlichen Grüßen Ihr sehr ergebener [gez. Blankenhorn] 4 Β 10 (Abteilung 2), Bd. 157 1 Durchdruck. Hat Staatsrat Haas vorgelegen. 2 Der niedersächsische Finanzminister übermittelte Auszüge aus dem Schreiben eines in Brasilien tätigen ehemaligen Mitarbeiters, der hinsichtlich einer dort zu errichtenden konsularisch-wirtschaftlichen Vertretung zu bedenken gegeben hatte: "Ich darf mir nur den Hinweis in diesem Zusammenhang gestatten, die Regierung soll recht vorsichtig sein, daß nicht die mit Recht so unbeliebten Vertreter wieder hier in vorderster Linie liegen. Man sollte geschickt dieses katholische] Land auch in diesem Sinne vertreten lassen [...]. Die alten Nazis rühren sich stark, und die neuen Juden sind voller Haß. Dazwischen sitzen nun die anständigen Elemente. Es wäre dankenswert, wenn Sie einige Hinweise zu diesem Problem geben könnten, damit Fehler vermieden werden und unser Ansehen, auf das wir und die Heimat ein gutes Recht haben, nicht beschmutzt wird." Strickrodt bat, diese Überlegungen "in der geeigneten Weise zur Geltung zu bringen". Vgl. Β10 (Abteilung2), Bd. 157. 3 Vgl. dazu zuletzt Dok. 17 und weiter Dok. 29. 4 Verfasserangabe gemäß Briefkopf. 15. Januar 1950: Aufzeichnung von Adenauer 25 25 Aufzeichnung des Bundeskanzlers Adenauer Geheim 15. Januar 1950 Am 15. Januar fand zwischen Herrn Minister Schuman und mir im Haus Ernich 1 eine Aussprache statt, der niemand beiwohnte. 2 Die Aussprache sollte in aller Offenheit erfolgen. 3 Ich habe Herrn Schuman die Entwicklung in Deutschland, die psychologische und politische, ausführlich geschildert. Ich habe ihm dann gesagt, daß die Gerüchte, die über die Absichten der französischen Regierung hinsichtlich der Verhandlungen mit der Saar-Regierung und des Abschlusses von Verträgen mit dieser bekannt geworden seien, eine solche Erregung in Deutschland hervorgerufen hätten, daß der Eintritt der Bundesrepublik Deutschland in die Europa-Union 4 mir dadurch gefährdet erscheine 5 . Es handele sich in der Hauptsache um zwei Fragen. Einmal um die Frage der Saar-Autonomie und dann um die Frage der Verpachtung der Saar-Gruben an Frankreich auf 50 oder 99 Jahre. 6 Ich betrachtete 7 die rechtliche Lage wie folgt: Eine Änderung der Grenzen des Deutschen Reiches könne nur durch den Friedensvertrag erfolgen; das stehe ausdrücklich in der Verordnung, durch die die vier Alliierten die oberste Regierungsgewalt am 5. Juni 1945 übernommen haben. 8 Es seien dann in der Folgezeit die verschiedensten staatsrechtlichen 1 Schloß Ernich bei Bonn, Residenz des französischen Hohen Kommissars François-Poncet.
doi:10.1524/9783486718348.56 fatcat:gs37dkv5nvehdbomvdexjqsi3i