Corona-Viren
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Dietrich Falke
2009
Springer-Lehrbuch
Im Genus Corona-Virus finden sich 5 humanpathogene Viren, welche Erkrankungen der oberen Luftwege, Gastroenteritis sowie schwere Pneumonien hervorrufen können. Der Name leitet sich von dem wie eine Krone (»Corona«) aussehenden Besatz der äußeren Hülle des Virus mit knöpfchentragenden Spikes (= Glykoproteine) her. Bei Vögeln und Säugetieren kennt man Corona-Viren als Erreger von schwerer Bronchitis und Gastroenteritis. Das (+)-Strang-RNA-Virus hat einen Durchmesser von 80-160 nm. Im Inneren der
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... ülle befindet sich ein helikales Kapsid mit der RNA, auf der Hülle sitzen Spikes. Das 30 kB RNA-Genom produziert »geschachtelte« Transkripte. Diese Eigenschaft hat zu dem Namen »Nidovirales« für die Ordnung geführt, zu denen diese Viren gehören (von nidus = Nest; nested transcripts). Steckbrief 59.1 HCoV-229E, HCoV-OC43, HCoV-NL63, HCoV-HKU1 Diese 4 humanen Corona-Viren infizieren v. a. den oberen Atemwegstrakt und Gastrointestinaltrakt. Sie rufen vergleichsweise milde Erkrankungen hervor. Während HCoV-229E und HCoV-OC43 seit längerem bekannt und für 5-30% aller oberen Atemwegserkrankungen verantwortlich sind, wurde HCoV-NL63 2004 entdeckt und wird in einem kleinen Prozentsatz von Atemwegserkrankungen gefunden. HCoV-HKU1 wurde 2005 bei Patienten mit Pneumonie entdeckt. Die Durchseuchung ist recht hoch und beginnt im Säuglingsalter. Die Erkrankungen treten im Winter und Frühjahr, v. a. bis zum 12. Lebensmonat infolge von Aerosol-oder Schmutz-und Schmierinfektionen auf. Die Replikation findet meist in den oberen Luftwegen statt. Die Inkubationsperiode beträgt 2-5 Tage bei einer Krankheitsdauer bis 7 Tage. Corona-Viren werden für 10-25% aller Schnupfenfälle mit Pharyngitis, Konjunktivitis und Otitis media verantwortlich gemacht; gelegentlich rufen sie Bronchitis, Bronchiolitis und Pneumonie hervor. Sie erzeugen auch eine Gastroenteritis und als Rarität eine nekrotisierende Enterokolitis bei Frühgeborenen. Die Immunität ist nicht sehr dauerhaft; es treten deshalb Reinfektionen auf, die bei Erwachsenen oft inapparent verlaufen. Antikörper gegen Corona-Viren lassen sich im Hämagglutinationshemmungstest und in der KBR nachweisen. Die Diagnose erfolgt mittels Virusnachweis mit RT-PCR. 59.2 SARS-Corona-Virus Allgemeines Ende 2002/Anfang 2003 wurden in China, Hongkong, Singapur und anderen Orten schwere, neuartige Erkrankungen mit Pneumonie festgestellt (severe acute respiratory syndrom, SARS). Von den bis Ende Juni 2003 etwa 9000 Erkrankten starben 10%. Sehr bald gelang die Isolierung des ursächlichen Virus und seine Charakterisierung als SARS-Corona-Virus. Vorkommen Es wird angenommen, dass das SARS-CoV ursprünglich aus Fledermäusen stammt. Von diesen ausgehend wurden zunächst Zibetkatzen infiziert. Diese finden sich oft auf Tiermärkten, auf denen in China lebende Tiere zum Verzehr verkauft werden. Offenbar ist die Infektion auf diese Weise auf den Menschen übergesprungen. Durch Reisende wurde es in kürzester Zeit in viele Gegenden der Welt übertragen. Seit Ende dieses Ausbruchs ist das Virus bis jetzt »verschwunden«; bis heute (2008) gab es keine weiteren Fälle mehr. Resistenz Das Virus ist in der Umwelt 1-2 Tage beständig, es ist empfindlich gegen Lipidlösungsmittel und lässt sich durch Erhitzen auf 56-60°C über 30 min fast völlig inaktivieren. Übertragung SARS-CoV muss als äußerst infektiös angesehen werden. Von Mensch zu Mensch erfolgt die Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole. Auch Stuhl, Urin und Sekrete können das Virus verbreiten. Es wurden Infektionsketten beschrieben, bei denen das Virus von einem Gebäude auf das Nachbargebäude durch Luft-
doi:10.1007/978-3-540-46362-7_59
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