Mercur-Beobachtungen an der Manora-Sternwarte 1896

Leo Brenner
1897 Astronomical Notes - Astronomische Nachrichten  
38 rnit der Augenmaassschatzung von I 5" stark in Widerspruch stand. Da jedoch die Abplattung der Scheibe ganz deutlich war (eine Mikrometermessung ergab 7 1 : 65 Partes der Schraube, also etwa und andererseits ein im Gesichtsfeld befindlicher Stern trotz des vergrosserten Rildes eine runde Scheibe zeigte, so schenkte ich dem Mikrometer mehr Vertrauen. Auf eine Anfrage bei Herrn Prof. Schiaparelli erhielt ich jedoch die Auskunft, dass derselbe in den Jahren 1 8 8 3 und 1884 den Positionswinkel
more » ... er grossen Axe zu 17?3 (bezw. 1975'3) gefunden hatte, was so nahe rnit meiner Augenmaassschatzung von I 5" ubereinstimmt, dass ich letztere fur richtiger hake,") urn so mehr als ja auch eine Abplattung von gegenwartig unmoglich ist. Eine solche wurde sich nicht nur dem Auge sofort verrathen, sondern sie stunde auch rnit der gegenwartigen Lage des Planeten zur Erde im Widerspruch. Denn wenn Schiaparelli im Jahre 1883, als der Planet uns nahezu seinen Aequator zuwandte, eine Abplattung von 1/10,94 gefunden hat, so muss letztere heute, wo der Planet uns den Nordpol zukehrt und sein Aequator nahe dem Rande steht, bedeutend geringer sein, wie dies ja auch der Augenschein zeigt; und deshalb kann mein Versuch der Messung ausserhalb des Brennpunkts als misslungen betrachtet werden. Aus demselben Grunde sind auch die beiden parallelen und geraden Streifen, welche ein Beobachter jetzt quer uber den Planeten ziehen sah, eio Ding der Unmoglichkeit; denn der eine miisste dann gerade uber den Nordpol ziehen, was bei der durch meine Beobachtungen festgestellten Rotationsrichtung ganz und gar ausgeschlossen ist. Lussinpiccolo I 896 August I 2 . L. Brenner. ") Auf den Zeichnungen habe ich die Abplattung ganz unberucksichtigt gelassen, weil sowohl deren Lage als auch ihre Grosse nicht Nachstes Jahr werde ich im Besitz eines eigenen (hoffentlich besseren) Mikrometers sein, durch eine genaue Messung festgestellt werden konnte. auf das ich dann starkere Vergrosserungen werde anwenden konnen, mittelst welcher die Messungen nicht so schwierig sein durften. [Mit einer Tafel]. In Nr. 3358 der A. N. habe ich mitgetheilt, wann und wie ich den unbeleuchteten Theil der Mercurscheibe zu sehen vermochte. Damals schon nahm ich rnir vor, die Beobachtungen des Mercur nach der unteren Conjunction weiter fortzusetzen, um eventuell uber die Ursache jenes merkwurdigen Phanomens Klarheit zu gewinnen. Ich beobachtete den Planeten demnach voni 2.8. Juni bis zu seiner oberen Conjunction 2 5 ma1 (443/4 Stunden), wobei ich 1 6 Zeichnungen (und einige Skizzen) aufnahm, die hier wiedergegeben sind. (Der Vollstandigkeit halber fuge ich noch je zwei Zeichnungen vom 18. Mai und vom 8. August hinzu, von denen uber die erstere bereits in Nr. 3358 berichtet ist). Das Ergebniss dieser Beobachtungen war ein ganz anderes als ich erwartet hatte. Kein einziges Ma1 war es mir moglich, den unbeleuchteten Theil des Planeten rnit Sicherheit zu sehen, dafur aber sah ich die Flecke auf seiner Oberflache rnit einer Deutlichkeit, die ich nie fur moglich gehalten hatte. Es scheint demnach, dass sowohl die Nachtseite, wie auch die Flecke nicht immer (oder wenigstens nicht immer mit gleicher Leichtigkeit) zu sehen sind, und dass es demnach ein glucklicher Zufall zu nennen ist, dass ich gleich bei meiner ersten diesjahrigen Mercur-Beobachtung sowohl Nachtseite als auch Flecke sah, denn sonst ware es mir nicht eingefallen, mich rnit einem fur so undankbar geltenden Planeten zu befassen. Was die Flecke betrifft, so sind sie wohl weniger intensiv als jene auf der Venus, aber immerhin leichter und deutlicher als jene auf dem Uranusja, ich mochte sie sogar fur leichter (wenigstens deutlicher) als jene auf Saturn halten, so wie sie heuer waren. Beweis dessen, dass Herr Wonaszek, als er bei uns beobachtete, selbst unter sehr ungunstigen Umstanden auf Mercur die beiden Polarflecke und einen dunklen Streifen in der Mitte der Scheibe zu sehen vermochte. Es war dies am 23. Juli von 21/2h-4h, also in der grossten Sonnenhitze (31"), bei Luft 4 und Wind, und am 2 5 . Juli 1 9 l /~~--2 0 1 /~~ bei Luft 2 -3 , also nur 5 Tage vor der oberen Conjunction, als die Mercurscheibe nur noch 5:22 scheinbaren Durchmesser und nur 30/" Phase hatte. Die Feststellung dieser Thatsache hake ich fur sehr wichtig, um die Einwendung zu widerlegen, dass die Flecke auf Mercur nur Einbildung seien, weil der Planet niemals eine scharfe Scheibe zeige. *) Was das Aussehen des Planeten betrifft, so bot seine Conjunction rnit Venus am 8. August eine treffliche Gelegenheit zur Anstellung von Vergleichen, denn beide Planeten befanden sich in demselben Gesichtsfelde eines Aplanaten von 98 facher Vergrosserung. Mercur war doppelt so klein als Venus (5" bezw. 9!'8), bleifarbig und sehr blass, Venus goldgelb und blendend hell. Die Eleifarbe scheint rnir aber nur durch den Contrast hervorgerufen zu sein, denn wenn Mercur allein im Gesichtsfeld steht und starkere Vergrosserungen angewendet werden, so erscheint seine Farbe ") Auch Herr Wonaszek war dieser Ansicht und deshalb urn so mehr uberrascht, zu finden, dass Mercur selbst unter so ungunstigen Umstanden und rnit starken Vergrosserungen in unserem Refractor als vollkommen scharfe ruhige Scheibe erschien. Halt man sich dies vor Augen, so wird man gewisse unserer Beobachtungen, die angezweifelt worden sind, leichter begreifen. Kann doch z. B. Herr Wonaszek auch bezeugen, dass er bei uns unter wenig gunstigen Umstanden, namlich drei Stunden nach Sonnenaufgang und bei Vuft 3 auf den Mars, der damals nur 71'90 scheinbaren Durchmesser hatte, sogar unser zolliges Ocular (830 fache Vergrosserung) anwenden konnte, und zwar war damit nicht nur die Scheibe scharf begrenzt, sondern sogar noch die drei CnnKle (Cerberus, Tartarus, Scamander) erkennbar, welche Herr Wonaszek zuerst mit Vergrosserung 410 gesehen .hatte. 3"
doi:10.1002/asna.18971420303 fatcat:54xojj4gaffhvcuhnkdghsl5ty