Empathie: ein Problem

Hansueli Albonico
2021 Bulletin des Médecins Suisses  
In seinem aufschlussreichen Beitrag zur Geschichte und Zukunft des Fax präsentiert Jakob Grieder eine detaillierte Mängelliste der Fax-Technologie. Der Vollständigkeit halber sollten aber auch die Nachteile des elektronischen Datenverkehrs erwähnt werden. Das Fax war und ist praxistauglich. Wie ist es mit dem Informationsaustausch per Internet? Wir erhalten die Berichte von Spitälern und Spe zialisten im PDF-Format (manchmal auch als Word-Dokument!) mit willkürlichen Benennungen -mal ist es
more » ... Zahlenkombination, mal der volle Name des Patienten. In mühsamer Kleinarbeit muss die MPA das Dokument richtig zuordnen und archivieren. Jedes Röntgeninstitut in der Stadt Zürich hat ein anderes System bei der Übertragung der Bilddaten. Mindestens einmal pro Woche generiert man für irgendwelche Logins neue Passwörter, die leicht vergessen werden können oder kurz und einfach zu merken sind -mit einem leichten Unbehagen wegen der Hacker. Die Hemmschwelle der Behörden, Standesorganisationen und der Spitäler, das medizinische Publikum mit «wichti gen» Mitteilungen zu versorgen, wird zunehmend kleiner. Ein anderes Thema ist der eigenmächtige «Spam»-Ordner, der uns immer wieder zwingt, im elektronischen Abfallkübel zu wühlen und nach vermissten Notizen zu suchen. Was soll's. Es ist beschlossene Sache: Das gute, alte Fax geht in die Rente. Die Entsorgungsgebühr ist bereits bezahlt. Seine Nachfolge übernimmt das Internet mit Mailverkehr, Kontaktformularen und vielen weiteren Tools. Leider ziemlich chaotisch und häufig unausgereift. Eine pubertäre Rasselbande. Dr. med. Felix Schürch, Zürich Information sur le vaccin contre le COVID-19 Lettre concernant: Pally Hofmann U. Vaccin COVID-19: information au patient et capacité de discernement. Bull Med Suisses. 2021;102(5):158-9. L'article de Mme Ursina Pally Hofmann paru dans le BMS n° 5 me laisse perplexe. L'exigence d'information, en soi très louable et correspondant à la loi, se heurte à des contingences pratiques que le service juridique de la FMH semble ignorer. Dans le centre cantonal de vaccination où je travaille depuis peu, nous effectuons environ 300 vaccinations par jour. Toutes les person nes vaccinées (qui déclarent expressément être volontaires) reçoivent une information écrite basée sur les documents de l'OFSP qui mentionne les effets indésirables possibles et connus du vaccin. Il serait par contre irréaliste d'exiger que le médecin et les 4 infirmières présents informent personnellement chaque participant de tous les effets indési rables potentiels du vaccin, y compris ceux que personne ne connaît encore, et enregistre sous forme écrite un consentement éclairé individuel. Une discussion individuelle où le médecin «évoquerait avec chaque personne la nécessité et l'utilité du vaccin» ainsi que «des risques qui ne présentent qu'une faible probabilité de réalisation» et de «l'éventualité de risques encore inconnus» retarderait considérablement la campagne de vaccination, souhaitée par les autorités sanitaires et la grande majorité de la population. Nous vivons actuellement une situation sanitaire exceptionnelle qui demande des réponses rapides, claires et pragmatiques. Le service juridique de la FMH semble évoluer dans un monde détaché de la réalité du terrain et ses propos ne peuvent que troubler ceux qui tentent de maîtriser la pandémie avec les moyens actuels. Dr Jean-Pierre Zellweger, Villars-sur-Glâne gehe nämlich während des Studiums zunehmend verloren und müsse vorläufig, bis zur Entwicklung einer «Artificial General Intelligence», durch die «Mediziner aus Fleisch und Blut» noch trainiert werden. Empathie sozusagen im Nebenfach. Der populärwissenschaftliche Autor Yuval Noah Harari verfolgt in seinen drei Bestsellern seit langem die Visi on der Ablösung des Homo sapiens durch den digitalisierten Homo deus. Der empathische Arzt werde dabei überflüssig, während für das Pflegepersonal die Empathie eher noch von Bedeutung bleibe. Ich erlebe die «Personalisierte Medizin» sozusagen als Gegenstück zur «Individualisierten Medizin», wenn auch diese Begriffe oft synonym verwendet werden. Als ein Konzept, das die Patientin auf «eine Vielzahl von genetischen und bio-chemischen Messgrössen» (TA-SWISS Newsletter 1/2014) reduziert. Unter dem Diktat einer lukrativen «massgeschneiderten Pharmakotherapie» (Wikipedia) steht dabei nicht die individuelle gesamtmenschliche Entwicklung im Fokus, sondern die mitgebrachte genetische Ausstattung. Der Begriff leitet sich ja von der persona im römi schen Recht ab, einer formaljuristischen Zuordnung, welche schliesslich im Utilitarismus zu einer bedenklichen Unterscheidung zwischen «Person» und «Mensch» geführt hat. Der Begriff des «Individuums» demgegenüber bezeichnet gerade die unteilbare Ganzheit des einzelnen Menschen, die «Entelechie» als das einmalige Wesen des Menschen bei Aristoteles. Ich habe das Interesse für den individuellen Patienten mit seiner je einmaligen Biographie in der Gesamtheit der Beziehungen zu seiner Um-und Mitwelt nicht nur als die entscheidende Grundlage, sondern auch als die schönste Herausforderung der Medizin verstanden. Für mich ist die Empathie nicht Zugabe, sondern die unverzichtbare Basis alles ärztlichen Handelns. «Wir wünschen Ihnen nun viel Freude und anregende Gedanken bei der Lektüre dieses letzten Themenheftes '100 Jahre Schweizerische Ärztezeitung'» -so die Einladung im Editorial «Nach dem Rückblick ein Ausblick». Mich stimmte die Lektüre vor allem nachdenklich: zu denken gibt mir die Digitalisierungs-Euphorie, welche -trotz kritischen Reflexionen -den nachfolgenden Beiträgen zugrunde liegt. Auf der Grundlage des modernen Personalisierungsdogmas wird der «Fortschritt der künstlichen Intelligenz» auch für die Medizin implizit als die Grundlage der weiteren Entwicklung schlechthin zelebriert. Zwar wird nebst dem «Festplatteproblem» und dem «Expertenproblem» auch noch das «Empathie-Problem» erwähnt. Die Empathie COURRIER 242 BULLETIN DES MÉDECINS SUISSES -SCHWEIZERISCHE ÄRZTEZEITUNG -BOLLETTINO DEI MEDICI SVIZZERI 2021;102(7):242-243 Courrier au BMS Lettres de lecteurs Envoyez vos lettres de lecteur de manière simple et rapide via un formulaire disponible sur notre site internet: www.bullmed.ch/publier/remettreun-courrierdes-lecteurs-remettre/ Votre courrier pourra ainsi être traité et publié rapidement. Nous nous réjouissons de vous lire! Published under the copyright license "Attribution -Non-Commercial -NoDerivatives 4.0". No commercial reuse without permission.
doi:10.4414/bms.2021.19618 fatcat:xriylteldnafnavw5hx6slomg4