Die Sachverständigenkonferenz der Hygienesektion über die BCG.-Impfung

C. Pirquet
1928 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Wenn man von der liebenswürdigen torm absieht, ¡n die s c h 1 o B m a n ri seinen Bericht über die Pariser Konferenz (Nr. 45) kleidet, so erkennt man, daß auch er den ffauptbeweis C a I m e tt e s , die günstige Statistik über die zahlreichen Kinder, denen BCO. per os gegeben wurde, nicht übernimmt und die Ansicht hat, daß die Wirksamkeit des Mittels nicht erwiesen ist. Dagegen hat er sich in Paris von der Malorität der Anwesenden zu der Anerkennung der Unschädlichkeit des Mittels bestimmen
more » ... en und glaubt, daß ich, wenn ich selbst bei der Konferenz gewesen wäre, gegenüber den utizähligen gleichsinnig lautenden Ergebnissen der 'I'ierversuche die wenigen Meerschweinchenversuche N ob e 1 s preisgegeben hättç". Die Zahllosigkeit der Tierversuche hat aber nach meiner Meinung ebensowenig Bedeutung wie die Zahllosigkeit der Menschenversuche: einige genaue eigene Beobachtungen haben für mich mehr Wert als zahllose Protokolle von Versuchen, die ich nicht gesehen habe. Es ist kein Zweifel, daß der BCO. ein abgeschwächter Stamm ist, der im Tierversuch meistens gut vertragen wird, aber ebenso steht es fest, daß der BCO. -entgegen der ursprünglichen Behauptung C a I m e t t e s -gelegentlich beim Versuchstier eine tödliche Tuberkulose hervorrufen kann. Nicht nur Chi a r i, No b e 1 und S ol é haben das gefunden, sondern auch O e r I a c h. Auch die Befunde von P e t r o f f beweisen -abgesehen von den interessanten bakteriologischen Schlüssen, die P e t r o f f daraus zieht -daß eben gelegentlich durch den BCO.-Stamin Tiere getötet werden. Meinem getreuen Mitarbeiter N o b e I waren nicht, wie S chI 013 m ano meint, durch mich die Hände gebunden, sondern durch seine eigene Ueberzeugung: eine parlamentarische Einigung in wissenschaftlichen Fragen gibt es nicht, da muß leder bei seiner Ueberzeugung bleiben, wenn er sich eine solche gebildet hat. In bezug auf die praktische Wirkung des BCO. beim Menschen möchte ich doch über die Befunde im Madrider Findelhaus nicht einfach mit einer Anrulung der Polizei hinweggehen, wie es S ch I oB ma n n tut. Dieses findelhaus hat eine sehr hohe Mortalität, aber deshalb brauchen die Obduktionsbefunde nicht falsch zu sein, und wenn von 358 mit BCO. geimpften Säuglingen unter 158 verstorbenen bei 4 Tuberkulose als Todesursache gefunden wurde, so gibt das zu denken: die Tuberkulose muß entweder durch die Impfung mit BCO. in den Körper gekommen sein, oder aber wenigstens können wir sagen: BCO. hat nicht vor dem Tode an einer anderweitigen Tuberkuloseinfektion geschützt. Diese Obduktionen sind gerade darum wertvoll, weil bei dem sonstigen Material Cal mett e s die Obduktionen fehlen und speziell bei den 3 mit BCO. subkutan geimpften Kindern W e ill -N a 11 é s , die unter tuberkuloseverdächtigen klinischen Erscheinungen starben, keine Obduktion gemacht wurde. Ich stehe daher nach wie vor auf dem Standpunkte, daß ich nicht bloß die Wirksamkeit des B CO., sondern auch die Unschädlichkeit für Tier und Mensch bezweifle. SEITE 2118 DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT NUMMER 50 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-0028-1165848 fatcat:n2jjygsyaracjlkdofndyjehkm