Vorbemerkung
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1953
Der Traum im Alten Testament
In dieser Arbeit wird die Aufgabe gestellt, Träume im Alten Testament zu untersuchen. Das ist bisher in einer besonderen Monographie noch nicht versucht worden 1 ). Es kam uns hierbei darauf an, 1. unter Berücksichtigung des Traumes die betreffenden Stellen besser verstehen zu können; 2. die verschiedenen Meinungen im A. T. aufzuzeigen. Man verbindet heute mit dem Phänomen des Traumes oft die Vorstellung von der einen oder der anderen psychologischen Schulmeinung. Es mag daher verwunderlich
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... heinen, wenn hier die moderne Tiefenpsychologie, über deren Verdienste sich der Autor im klaren ist, beiseite gelassen wird. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus dem Stoffe selbst. Die alttestamentlichen Schriftsteller, die uns von »Träumen« berichten, haben diese Träume nicht selbst geträumt, sondern es handelt sich dabei entweder um ein Stilmittel, das sie verwandt haben, oder um nur traumhafte Elemente, die in die Darstellung verwoben worden sind. Ein solches literarisches Produkt ist im allgemeinen anders zu beurteilen als ein wirklich geträumter Traum. Der Traum im Alten Testament ist weniger ein psychologisches Phänomen als vor allem ein traditions-und religionsgeschichtliches. Man hat zu fragen, warum wird an dieser bestimmten Stelle gerade von einem Traum gesprochen, und nicht, was bedeutet das »Motiv« in diesem Traum? Der Traum bietet eine der verschiedenen Möglichkeiten, eine Verbindung zwischen der Gottheit und dem Menschen herzustellen. Er kann dazu dienen, Zukünftiges auszusagen, um besonderes Wissen zu vermitteln, und er erweist sich so als ein Zeichen der Gottheit von großer Bedeutung. Der Traum ist im A.T. kein profanes Phänomen. Daraus folgt, daß dort, wo man Träumen volles Gewicht beimißt, E. MÖHRING, Theophanien und Träume in der biblischen Literatur, Theol. Diss. Heidelberg 1914 (Kap. 2 Träume S. 38 -54), kann nicht als wissenschaftliche Arbeit bezeichnet werden. Aus dem allein gedruckten vorliegenden Teil der Gesamtdissertation kann man kaum etwas über den Traum im A. T. lernen, zumal M. weder auf literarische noch auf quellenkritische Probleme näher eingeht.
doi:10.1515/9783112315040-001
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