Über moderne behandlung der genuinen epilepsie
P. Jödicke
1913
Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie
Die Entwicklung unserer medizinischen Wissensehaft lKBt es begreiflich erscheinen, wenn wir J~rzte aueh heute noch mit Hypothesen in dem weitesten MaBe arbeiten. Wir sind gewohnt, aus den einzelnen Symptomen, die wit beim kranken 0rganismus vermOge unserer Sinne wahmehmen, ein bestimmtes Krankheitsbild zu konstruieren, ohne indessen die sieherlich individuell verschiedenen Reaktionen der einzelhen Zellkomplexe gegeniiber irgendwelchen StOrungen immer ausreichend zu beriicksichtigen. Allerdings
more »
... Snnen diese SKtze schleehterdings keine allgemeine Gfiltigkeit beanspruchen. Wir kennen eine Reihe fest umgrenzter und pathologisch genau erforschter Gruppen, deren Feststellung und therapeutische Beeinflussung uns heutigentags keine Schwierigkeiten mehr bereiten, mSgen auch bei diesen Formen graduelle Verschiedenheiten nieht yon der Hand zu weisen sein. ]~berall jedoch, wo wir noch gezwungen sind, fiber die eigentliehe Natur eines Leidens Theorien aufzustellen, werden unsere Behandlungsmethoden der Zeit-strSmung und der herrschenden Auffassung entspreehend eine timderung erfahren. Als das klassische Beispiel derartiger Wandlungen yon den Tagen des Hipokrates an bis in unsere neueste Zeitepoehe mug die Epilepsie betrachtet werden. Noch immer sind unsere Anschauungen fiber das Wesen der Fallsueht im groSen und ganzen hypothetischer Natur, mSgen wir aueh vermSge unserer verfeinerten Diagnostik einige wenige Gruppen abgesondert und die ihnen gebiihrende Stellung zugewiesen haben. Dennoch sind wir uns bewul~t, dab wir eine Reihe von Krankheiten nur aus dem Grunde unter dem Sammelnamen genuine Epilepsie zusammenfassen, weft wir bei allen diesen die bekannten motorisehen Reizerseheinungen als das zwar am meisten in die Augen springende, aber vielleicht nicht einmal als das wichtigste Zeichen wahrnehmen. Seit der Einffihrung der Brompri~parate im Jahre 1853 durch L o e o e k in den Arzneisehatz stehen diese noch immer an der Spitze der medix) Nach einem Vortrag, gehalten anli~131ieh des Besuches der Anstalt durch den Stettiner _~zte-Verein am 22. Mai 1913.
doi:10.1007/bf02869647
fatcat:fvqyew3bijf57bdv6ym35dkpdm