Zum Geleit [chapter]

1931 Landwirte im Overall  
Alter deutscher Brauch führte seit Jahrhunderten Gesellen, ehe sie Meister wurden, auf Wanderschaft, weit über die Grenzen ihres Landes hinaus. Diese ehrwürdige Regel ist nicht ein Ausfluß der oberflächlichen Verherrlichung des fremden, die alles, was "nicht weit her" ist, gering achtet. Sie entspringt der Weisheit wahren Volkstums, daß ehrliche Arbeit, in fremdem Lande geleistet, ein ganz besonderer Lehrmeister ist. Mancher sucht aus Büchern und Zeitungen über fremde Ge bräuche sich zu
more » ... hten, viele reisen und schauen fremde Länder und Städte. Ihre Erkenntnisse bergen in sich die Gefahren der Über schätzung oder der Verkennung, wer aber in fremdem Lande ge arbeitet hat, der lernt echtes und unechtes, künstliches und natür liches zu scheiden. Er erlebt, welche Wege fremde Völker gefunden haben, um in dem Kampfe mit der Natur, den wir Wirtschaft nennen, ans Ziel zu kommen. So ist in den Jahrhunderten deutschen ehrlichen Schaffens manches Samenkorn neuen Brauches von außen gekommen, das in deutsche Erde verpflanzt reiche Ernte trug; mancher Wandergeselle brachte über die Grenze ein Reis neuen Könnens zurück, das zu einem starken deutschen Baum Heranwuchs. von einem neuen Beispiel solcher Lehre durch handeln in fremdem Lande berichtet dieses Buch des Amerika-Werkstudenten-Dienstes des Deutschen Studentenwerks. Es bittet wie ein aus der $temöe zurückkehrender Geselle um gutes Gehör. Mögen die Meister vom Zache der deutschen Landwirtschaft diesen Wanderberichten einen freundlichen Empfang bereiten, vor allem aber denen, die selbst zwei Jahre drüben "im Overall" harte Arbeit leisteten, und die jetzt bereit sind, mitzuhelfen an der Behebung der schweren Not, die heute die deutsche Landwirtschaft zu Boden drückt.
doi:10.1515/9783112335925-001 fatcat:aspesw567jfcfcfhdxcpcu2fci