Gesellschaftliche Konsequenzen internationaler Abkommen zur Alterspolitik

Stefan Pohlmann
2004 Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft  
Gesellschaftliche Konsequenzen internationaler Abkommen zur Alterspolitik Wenngleich der demografische Wandel unzweifelhaft massive gesellschaftliche Umwälzungen mit sich bringt, werden die damit verbundenen Handlungsnotwendigkeiten noch immer unterschätzt. Möglicherweise genießt deshalb die Altenpolitik im Vergleich zu anderen Politikfeldern auch heute noch kein besonders hohes Ansehen. Bei Umfragen in Deutschland ist nur den wenigsten Bürgern überhaupt die Existenz des Ministeriums bekannt,
more » ... s sich mit Senioren befasst. Die Altenpolitik gilt vielmehr als Nischenbereich ohne breiten politischen Rückhalt und ohne die Möglichkeit, sich auf dem politischen Parkett medienwirksam zu profilieren (vgl. Pohlmann, 2003). Noch fehlt ein grundlegendes Verständnis dafür, dass das wachsende Ungleichgewicht zwischen Jung und Alt in der Bevölkerung unsere Politik entscheidend prägen muss. Trotz der offensichtlichen Bevölkerungsentwicklung und in Anbetracht der nur zögerlichen Berücksichtigung dieses Prozesses ist auf diesem Gebiet daher nach wie vor besondere Überzeugungsarbeit gefordert. Weitgehend unbemerkt von der medialen Berichterstattung und damit gleichzeitig auch ohne nennenswerte Spuren in der öffentlichen Auseinandersetzung hat sich aber doch zumindest in der internationalen Altenpolitik eine deutliche Trendwende vollzogen. Klares Indiz dafür sind die jüngst zu beobachtenden Entwicklungen bei den Vereinten Nationen. Angesichts der weltweit zu erwartenden Verschiebungen der Altersstrukturen sah sich der Staatenbund veranlasst, eine gemeinsame politische Offensive zu starten. Nach fast zwei Jahrzehnten des politischen Stillstands auf diesem Gebiet konnte im April 2002 ein neuer Weltaltenplan (auch Madridplan genannt, vgl. United Nations, 2002) verabschiedet werden, der diese Bemühungen deutlich macht. 191 Mitgliedstaaten haben sich in dem Dokument über Ziele und Lösungswege verständigt. Gleichzeitig wurden Absichtserklärungen abgegeben, wie die Staaten mit den Folgen einer langfristigen Alterung der Bevölkerung zukünftig umzugehen beabsichtigen. Verständlicherweise bleiben aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsituationen in den verschiedenen Staaten die Thesen dieser zentralen Konvention entweder vage oder an konkreten Punkten ohne völkerrechtliche Verbindlichkeit. Schon 1982 ist genau aus diesem Grund ein vorangegangener und ebenso ehrgeiziger Ansatz gescheitert (vgl. United Nations, 1982). Obwohl bereits damals die globale Bevölkerungsentwicklung richtig interpretiert und wesentliche Handlungsoptionen aufgezeigt worden waren, ist es in der Folgezeit nicht gelungen, diese Vorschläge aufzugreifen und grenzüberschreitende Maßnahmen zu ergreifen. Bemerkenswert erscheint vor diesem Hintergrund der aktuelle Versuch, eine regionale Konkretisierung des neuen Weltaltenplans zu veranlassen. Auf besondere Initiative der bundesdeutschen Regierung wurde unter der Federführung der zuständigen Untergliederung der Vereinten Nationen, der sogenannten Wirtschaftskommission für Europa
doi:10.5771/2193-7869-2004-3-260 fatcat:cm7ps2glzvefdelvq6sfs57nia