NATUR ALS MORALISCHE ANSTALT DIE METEOROLOGIA PHILOSOPHICO-POLITICA DES FRANZ REINZER, S.J., EIN NATURWISSENSCHAFTLICHES EMBLEMBUCH AUS DEM JAHRE 1698

CHRISTOPH MEINEL
1987 Nuncius: Journal of the Material and Visual History of Science  
RIASSUNTO La meteorologia tradizionale, impigliata nella cosmologia aristotelica più a lungo di altre parti della scienza naturale, è una scienza sparita e quasi dimenticata dalla ricerca storica. Colla sua sintesi straordinaria di trattato di meteorologia, libello d'emblema, e specchio di principe, la Meteorologia di Reinzer ci dà occasione di localizzare più precisamente la meteorologia premoderna nel suo contesto intellettuale ed istituzionale, e di mostrare le sue relazioni col pensiero
more » ... ntifico, colle tradizioni della natura moralizzata o della teologia naturale, e col programma politico-didattico dei Gesuiti alla fine del Seicento. 1 W. PAGEL, Joan Baptist van Helmont: Reformer of Science and Medicine (« Cambridge Monographs on the History of Medicine »), Cambridge-London-New York 1982, S. ix. 2 F. KRAFFT, Das Selb st Verständnis der Physik im Wandel der Zeiten: Vorlesungen zum historischen Erfahrungsraum physikalischen Erkennens, Weinheim 1982, S. 31-36; sowie ders., « Gegenstand und Methode der Wissenschaftsgeschichte der Naturwissenschaften », in Entwicklung und Selbstverständnis von Wissenschaften, hrsg. von H. J. BRAUN und R. H. KLUWE (« Studien zur Technik-, Wirtschafts-und Sozialgeschichte», Bd. 1), Frankfurt-Bern-New York 1985, S. 310-338. 3 Vgl. die Beiträge des Symposiums Verdrängte Wissenschaften, « Berichte zur Wissenschaftsgeschichte », 4, 1981, S. 1-110. Mnemotechnik. Aber auch die Meteorologie in ihrer alten Form ist ein Beispiel einer solchen, uns nicht mehr ohne weiteres zugänglichen Wissenschaft, auch wenn sie von Gegenständen der äußeren Natur handelt wie Wind und Regen, Blitz und Sternschnuppen, deren objektive Realität stets die gleiche geblieben ist. 2. EINLEITUNG Meteorologie, heute als Zweig der Geophysik eng auf die Physik der Atmosphäre begrenzt, war ehedem eine Wissenschaft, die den ganzen weiten Bereich des Stofflichen zwischen Himmel und Erde, ja auch Feuer, Dünste und Feuchtigkeiten unter der Erde umfaßte. Erst nach und nach hat diese weitgespannte Wissenschaft von den meteora einen um den anderen ihrer Gegenstände an benachbarte Disziplinen abtreten müssen: Regenbogen und Haloerscheinungen an die Optik, Kometen und Milchstraße an die Astronomie, Blitz und Donner an die Physik, Mineralien, Metalle und Mineralwässer an die Chemie, bis das Fach sich schließlich, auf die Kunde von Wind und Wetter reduziert, damit begnügen mußte, als die windigste unter den sich immer exakter gebärdenden Naturwissenschaften zu gelten. Von einer Meteorologie im modernen Sinne als Physik der Atmosphäre kann vor der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kaum die Rede sein. Tatsächlich reicht die Tradition der alten aristotelischen Meteorologica weiter in die Neuzeit hinein, als man annehmen möchte. Noch Ludwig Friedrich Kämtz, der als einer der Begründer der akademischen Meteorologie in Deutschland gelten darf, behandelte im Schlußkapitel seiner 1840 erschienenen Vorlesungen über Meteorologie die « Problematischen Erscheinungen » der oberen Luftschichten wie Regenbogen, Polarlichter, Erdmagnetismus, Sternschnuppen und Feuerkugeln. 4 Wie groß die Unsicherheit hinsichtlich der Zuordnung derartiger Erscheinungen selbst im 19. Jahrhundert noch war, zeigt sich allein daraus, daß Kämtz sich nicht scheute, die fabelhaften Berichte über angebliche Schwefel-, Blut-, Getreide-und Tier-Regenfälle trotz gewisser Vorbehalte als empirische Tatsachen anzuführen, und auch hinsichtlich der Herkunft der Eisenmeteorite war er sich ungeachtet der bereits 1794 von Ernst Florens Chladni dagegen vorgebrachten Einwände keineswegs sicher, ob es sich nicht doch um atmosphärische Bildungen handele, die ihre 4 L. F. KÄMTZ, Vorlesungen über Meteorologie, Halle 1840, S. 561-586. Erklärung in metallischen Ausdünstungen der Erde finden könnten, wie dies schon die aristotelische Tradition angenommen hatte. Die wissenschaftsgeschichtliche Behandlung der Meteorologie hat diesen Verhältnissen bisher kaum Rechnung getragen, ja, den vollkommen anders strukturierten Gegenstands-und Wissenschaftsbereich der frühen Meteorologie weitgehend verkannt. Indem sie sich die moderne, physikalisch-klimatologische Definition des Faches zu eigen gemacht hat, fielen all diejenigen Gebiete aus der historischen Betrachtung heraus, die für fast zwei Jahrtausende den Schwerpunkt der Wissenschaft von den meteora ausgemacht haben. Auch wenn man immer zugestehen wird, daß erst mit der Entwicklung von Thermometer, Barometer und Hygrometer im 17. Jahrhundert ein experimenteller Zugang zur Physik der Atmosphäre möglich wurde, so entspricht doch die Beachtung, die die Entwicklung der barometrischen und thermometrischen Meßverfahren seitens der Historiker erfahren hat, durchaus nicht der faktischen Bedeutung dieser experimentellen Verfahren für die meteorologische Wissenschaft des 17. Jahrhunderts. Symptomatisch in dieser Hinsicht ist die Darstellung bei Khrgian von 1959, der die Zeit bis zum 16. Jahrhundert auf knappen 20 Seiten abhandelt, um dann, nach einem Kapitel über die Entwicklung der ersten meteorologischen Instrumente, unter der Überschrift « A New Science is Born » zur mathematischen Ableitung der barometrischen Höhenformel überzuleiten. 5 Eine « idiozentrische » Geschichte der Meteorologie, die den Eigenarten der alten Wissenschaft von den meteora gerecht wird, ohne diese zur bloßen Vorgeschichte einer Physik der Atmosphäre zu reduzieren, wäre erst noch zu schreiben; sie dürfte dann aber auch an längst vergessenen Autoren wie Libert Froidmont und Jean-Baptiste Duhamel oder der Historia ventorum eines Francis Bacon, ja selbst an einem Außenseiter wie Franz Reinzer nicht vorübergehen. 3. FRANZ REINZERS « METEOROLOGIA PHILOSOPHICO-POLITICA » Die Meteorologia philosophico-politica des Linzer Jesuitenprofessors Franz Reinzer aus dem Jahre 1698 ist ein Werk, das sich keiner literarischen oder wissenschaftlichen Gattung eindeutig zuordnen läßt. Da es der aufwendige Druck aber immerhin auf zwei lateinische und eine deutsche Ausgabe gebracht hat und in Bibliotheken auch heute noch keines-5 A. KH. KHRGIAN, Meteorology: A historical Survey [1959], Vol. I, 2nd ed., ed. by KH. P. POGOSYAN, Jerusalem 1970. 6 Das ]ahrbuch der Auktionspreise nenn' zwischen 1970 und 1984 die Ausgabe « 1697 » zweimal, die von 1698 viermal, die von 1709 neunmal und die von 1712 viermal. Siehe auch D. A. WITTOP KONING, J. B. VAN GELDER, « Die Offizin aus der Meteorologia philosophica-politica [sie] des Fr. Reinzer», «Beiträge zur Geschichte der Pharmazie», 36, 1984, Nr. 24, S. 210. 7 Eine Ausnahme macht lediglich G. HELLMANN, Entwicklungsgeschichte des meteorologischen Lehrbuchs, in ders., « Beiträge zur Geschichte der Meteorologie », Bd. II (« Veröffentlichungen des Königl.
doi:10.1163/182539177x00188 fatcat:dl7fy47qazcrtksa67wniuw5cq