Geburtshilfliche Ratschläge für den Praktiker. VIII: Die Therapie des Abortes

L. Blumreich
1921 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Die Therapie des Abortes. B. Der unvollkommene und der künstliche Abort. I. Der unvollkommene Abort. "Tährend die Haupfmasse des Fies einschließlich der Frucht ausgestoßen ist, bleiben Deziduareste und Chorionfetzen zurück. Mitunter gelangen sie zur spontanen Ausstoßung, häufiger führen sie zu mehr oder weniger lauge anhaltender Blutung infolge mangelhafter Kothraktionsmöglichkeit des Uterus und durch Bildung vor Plazentarpolypen. A. Typische Fälle. A n z e i C h e n : I . Anamnese ergibt, daß
more » ... ach Ausstoßung größerer Massen des Eies bzw. der Frucht die Blutung nach wie vor weiter besteht, wenn auch in geringerer Stärke, oft nur schubweise, mit blutungsfreien Intervallen. Die Uterusgröße entspricht n i c h t der Berechnung der Schwangerschaftszeit, sondern ist geringer. Je früher die Schwangerschaftszeit, desto kleiner sind allerdings die Orößenunterschiede zwisehen dem Uteruskörper, der noch das ganze Ei, und dem, der nur noch Eireste enthält. De u t I i e h e Unterschiede finden sich vom Ende des zweiten Monats ab; entscheidend sind bei den frühen Fällen Unterschiede in der Konsistenz und Form. Der Uteruskörper ist härter und nicht mehr so kuglig, sondern von vorn nach hinten mehr abgeplattet. Verhalten von Zervix und Muttermund. Zervix schon wieder zur normalen Länge zurückgebildet, innerer, meist auch äußerer Muttermund ist geschlossen. Itt anderen Fällen hängen aus der noch nicht wieder völlig geschlossenen Zervix bzw. aus dem Muttermund Eihautpartikel, Deziduafetzen oder Qerinnungsmassen heraus. B. Fieberhafte Fälle von Abortus incompletus. In letzterem Fall bildeten die aus dein Uterus in die Scheide hineinhäiigenden Massen die Verbindungsbrücke zwischen Uteruskavuni und Scheide, leiteten infektiöse Keime nach oben und führten zur mehr oder weniger schweren, oft tödlichen Infektion. In anderen Fällen gaben die gelegentlich der Ausräumung oder Ausschabung in das Uteruskavum eingeführten Finger bzw. Instrumente die Vermittler der Infektion ab, die Keime fanden einen vorzüglichen Nährboden iii den nicht selten zurückgelassenen Eiteilen. Neben den unter A. genannten Anzeichen bestehen Fieber, oft übelriechender Ausfluß, evtl. Schütteifröste. C. Bewußte Vortäuschung von Abortus incompletus. A n z e i ch e ii : 1. Anamnese : Nicht selten versuchen gerissene Patienten, den Praktiker zu täuschen und zu einer Ausschabung bei ganz normaler, aber ihnen unerwünschter Schwangerschaft zu drängen, indem sie falsche Angaben machen; z. B. seit mehreren Tagen beständen starke Blutungen, große Stücke", mitunter auch "die Frucht", seien bereits abgegangen, aber die Blutung höre trotzdem nicht auf. Ja, manche besonders gewitzte Frauen schmieren sich Tierblut in die Scheide, um die Angaben glaubhafter zu machen, bringen Embryonen mit, welche von manchen Hebammen zwecks Täuschung des Arztes leihweise feilgeboten werden, sogar Hühnerknochen als angeblichen Beweis für Abgang einer abgestorbenen Frucht in Teilen" fand ich einmal in der Scheide einer Schwangeren. Im Gegensatz zu den Angaben entspricht der Uteruskörper der Berechnung der Schwangerschaftszeit, ist weich, kuglig, verbreitert, es besteht bläuliche Verfärbung von Scheide und Portio, der äußere oder wo bei Vielgebäreuden die Zervix klafft -der innere Muttermund ist vollkommen geschlossen. Es besteht keine Blutung, bzw. es handelt sich (mikroskopische Untersuchung der Formelemente!) um Tierblut. Therapie. Handelt es sich um Abortus incompletus, oder besteht infolge von Blutung bzw. Fieber auch nur der Ver da ch t au zurückgebliebene Eiresp. Deziduateile, so müssen diese unbedingt raschest entfernt werden, einmal, um die bestehende Blutung zu beseitigen, dann aber, um der Gefahr der schweren Infektion vorzubeugen. Vielfach sind Zervix und Muttermund schon wieder mehr oder weniger stark verengt. A u ch hi e r so Il die E n t f e rnung der Eireste im Prinzip mittels digitaler Ausräumung vorgenommen werden. Ani schonendsten, daher zweckmäßigsten, erweitert man, um sie zu ermöglichen, den Haiskanal mittels der kombinierten Metahistift-Lam inariadilatation. Technik der kombinierten Metalstift-Laminariadilatation. Nach gründlicher Desinfektion der Vulva und Vagina und Einsetzen eines kurzen hinteren breiten Blattes wird die Portio mit einer Kugeizange vorgezogen, die Zervix mit in Subhimatlösung getränkten Gazestreifen sorgfältig ausgewischt und nach genauer Orientierung über Uteruslage und -länge, um Perforationen zu vermeiden (vgl. Artikel 7), angefangen, mit Hegarschen Dilatatoren ganz schonend und ohne jede Anwendung von Gewalt zu erweitern. Nr. 3 Heruntergeladen von: NYU. Urheberrechtlich geschützt.
doi:10.1055/s-0028-1140881 fatcat:6npzc65dbfb5lcj3otk5nono7a