Zur experimentellen Fieberlehre nach seinem Vortrage in der Berliner medicinischen Gesellschaft, gehalten am 15. December 1875

H. Jacobson
1875 Deutsche Medizinische Wochenschrift  
Professor an der Universität Berlin. Auf dem ärztlichen Congress, der im August dieses Jahres in Iantes stattgefunden hat, und in seinen eben erschienenen "Leçons sur la chaleur 162 animale etc." hat Cl. Bernard seine Ideen und experimentellen Erfahrungen uber das Fieber in meisterhafter Form entvicke1t Ith stelle denselben Untersuchungen am Krankenbett zur Seite die zu glccheni Zweck und mit gleichen llulfsniittelu auf meine %eranhssung angestellt vturden Die Ergebnisse der Versuche an Thieren
more » ... stehen auf diesem Gebiete in ebenso unvermitteltem Gegensatz ie die theoretischen Forschungen, welche ihnen vorausgegangen sind und sic theilweise hervorgerufen haben. ]aclidem kaum eist Murri in Rom auf Grund zahlreicher Experimente an Hunden jede Abhängigkeit des Fiebers von den Nerveii-Centren bestritten hat, schliesst Cl. B ernard vorzugsweise nach physiologischen Analogien al)er auch nach direct auf den Gegenstand gerichteten Versuchen, dass das Fieber ein rein nervöses Phänomen sei, hervorgerufen durch eine erhöhte Thätigiceit w ärm e erz eug e n d er , gefiisserweiteriider Nerven N calorifiquesdie aus dem Ruckenniark cntspiingen und eine Ahspannung ihrer Autagonisteii, geflissverengernden Nerven -N. fngoi ifiques -die ius (leni Sympatliicus stammen Seit seinem berulimten \ ersuch aber clic F olgen der Durchsehneidung des Ilals-Sympathicus hat Cl. Bernard sich stets zu der Annahme eines directen Einflusses des Nervensystems aufdie Wärmebuldung in den Geweben hingeneigt. Nachdem er früher den Grund des Fiebers in einer Lähmung les Sympathicus gesucht ents heidet er sich jetzt fur die Aullassun0 desselben ah eines actieii Phanomens eine liypothse die Schiff zuer t aufgestellt hat Unter seinen Argumenten fur dieselbe ist eines neu und eben erst abgeschlossenen Untersuchungen entnommen: dass nämlich im Fieber eine Umkehr des Verhältnisses zwischen arterieller und venöser Bluttemperatur eintrete. Unter normalen Bedingungen ist nach B.'s Erfahrungen das Blut der Lebervenen stets wärmen als das den Aorta, im Fieber bleibt dieses Verhältniss nicht erhalten. Es sind thermoelectrische Messungen, welche ihm diese bemerkenswerthe Thatsache ergeben haben. In Gumniisonden eingeschlossene Thermoelemente wunden durch die Cruralgefässe --daseine bis in die Einmündungsstelle den V. cava mf, ins Herz, das andere his in den Aortenbogen cingefulirt } r hatte an einem t,esunden Hunde beobachtet, dass itas Blut der Hohlvene bis zum Niveau der Nierenvenen kälter ist als das tIer Aorta, dass auf demselben Gleichheit der Temperatur herrscht und darüber hinaus nach dem Zwerchfell hin die venöse Blutteniperatur die arterielle übertrifft und ihr Maximum erreicht. Tags darauf fand en das Then ili Folge der Operation heftig fiebernd; er führte dieselben Messungen an den Schenkelgefässen des unverletzten Beines aus unit überzeugte sich, dass jene Differenz nicht nur ihre Grösse, sondern auch ihre Riehtuiig geändert habe. Sollte dieses Resultat sich als constant erweisen, so würde ich auf einen Einwand weniger Gewicht legen, den ich früher gegen die Methode ähnlicher Messungen erhoben habe, dass nämlich die Fortfihlirung noch so diinner Thermoelemente längs der Blutgefässe erhebliche Ci rculationsstörungeu und dadurch unberechenbare Fehlerquellen setzen müsse. Die vorläufigen Mittheïlungen Cl. Demand's aber, denen überdies keine numerischen Angaben über die Grösse der gefundenen Temperaturdifferenz beigefügt sind, gehen über diesen Punkt noch keinen Aufschluss. Vor einigen Jahren habe ich in Gemeinschaft mit Leyden ein anderes Verfahren eingeschlagen, um B,'s erwähnte ältere Fiebertheorie, die auch bei den deutschen Pathologen fast allgemeine Anerkennung gefunden hatte, zu prüfen. Wir halten Hunde, deren Körpertemperatur durch Injection von Eiter in die Jugularvene zu febriler höhe gestiegen war, Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-0029-1193209 fatcat:haqvciyntbc2nom6yg4inorf4m