URBANE TROPEN: HIPHOP À LA RÉUNION [chapter]

Carsten Wergin
HipHop meets Academia  
Ei nlei tung HipHop ist ein globales Medium und wird in mittlerweile unzähligen Kontexten auf unterschiedliche Weise verwendet. Dieser Text beschreibt einige Aspekte des HipHop im Bezug auf die subtropische Insel La Réunion, einem Überseedepartement Frankreichs im Indischen Ozean. Auf einer Fläche von etwa zweieinhalbtausend Quadratkilometern leben dort Menschen aus unterschiedlichen Regionen Afrikas, Indiens, Asiens und Europas seit Mitte des 17. Jahrhunderts zusammen. Vor dieser Zeit war La
more » ... union menschenleer. Doch seit der Kolonialisierung haben sich dort eine besoncharakteristische Musikstile entwickelt. Unter dem Einfluss des HipHop kommt es abermals zu solchen Vermischungen. Der Stil erlaubt lokalen Akteuren neue Möglichkeiten des musikkulturellen Austauschs. Musiker La Réunions schließen sich damit einem globalen Genre an (Negus 1998). Sie machen ihre Insel über deren Strände hinweg bekannt und bringen gleichzeitig kulturelle Einflüsse von außerhalb nach La Réunion mit. Ein zentraler Aspekt, der vom HipHop transportiert wird, ist das Gefühl des Urbanen. Im Folgenden werde ich dieses Gefühl bezogen auf den Kontext einer subtropischen Insel beschreiben und deutlich machen, dass Urbanität nicht allein in den HipHop-Sounds städtischer Metropolen eine zentrale Rolle einnimmt (Arkette 2004; Bennett 1999; Sassen 2001; Smith 2005). Denn mit dem Aufkommen einer lokalen HipHop-Szene machen réunionesische Akteure was bisher als urbane Charakteristiken galt, als Bestandteil ihrer eigenen Lebenswelten sicht-und hörbar. Fundamental ist hierbei die vom oben erwähnten Begriff Métissage beschriebene, soziokulturelle Entwicklung La Réunions. Er meint nicht das Bild friedvollen Zusammenlebens einer Multikulti-Gesellschaft. Die Erinnerungen an Sklaverei, Unterdrückung und Verschleppung sind dafür im Alltag der Inselbevölkerung zu präsent.
doi:10.14361/9783839407615-005 fatcat:tzkcwsirvbg5bchtudwgjpoow4