Ueber krystallinische Flüssigkeiten

O. Lehmann
1890 Annalen der Physik  
X1I. Ueber krystallinische Fliissigkeiten ; uon 0. L e h m n m a . Nach der iiblichen Definition des Begriffs Krystall muss ein Krystall nothwendig fest sein. Ich hsbe nun in einer vorausgehenden Arbeit l) gezeigt, dass die Anwendung der Definition auf Schwierigkeiten stosst, wenn wir zu deformirten Erystallen ubergehen. Ein Krystall hort nicht auf ein solcher zu sein, wenn er verbogen oder verdreht wird, selbst wenn die deformirende Kraft die Elasticitatsgrenze iiberschreitet, d. h. die
more » ... er Structuranderung eine bleibende wird. Der Urnstand, dass Fliissigkeiten leicht deformirt werden konnen, da ihre Elasticitatsgrenze = 0 ist, kann also kein Grund sein, die Moglichkeit der Existenz fliissiger Krystalle auszuschliessen , umsoweniger, da der Werth der Elasticitatsgrenze fester Krystalle innerhalb der weitesten Grenzen schwankt und dem Werthe Null sehr nahe kommen kann, ohne dass die optische (electrische) Anisotropie a tsprechende Aenderungen erleidet. Nachdem endlich durch die an obigem Orte besprochenen Versuche nachgewiesen ist, dass chemisch homogene optisch anisotrope Flussigkeiten existiren, deren Anisotropie nicht durch ausseren Zwang hervorgebracht wird, erscheint es nicht nur moglich, sondern nothwendig, die Existenz flussiger Krystalle oder krystallinischer Fliissigkeiten zuzugeben, und die Definition des Krystallzustandes entsprechend zu andern. z, Eieran schliesst sich die weitere Frage, sind diejenigen Flussigkeiten, welche optisch isotrop sind, nicht krystallinisch oder sind sie regular krystallisirt? Bei festen Korpern ist die Unterscheidung zwischen optisch isotropen krptallisirten und amorphen Stoffen insofern einfach, als ersteren die Fahigkeit zukommt, in iiber-1) 0. L e h m a n n , Wed. Ann. 40. 11. 401. ISSO. 3) 0. L e h m a n n , Zeitschr. f. Krystallogr. 1990 unter der Prcsse.
doi:10.1002/andp.18902771113 fatcat:beop5ottqfbwxghuvdhyoqk6na