Dancing with Women in Niqāb [chapter]

Bettina Wuttig
2020 Sinn und Sinne im Tanz  
Ich bin am Strand und im Begrif f, schwimmen zu gehen. Als ich wieder aus dem Wasser gehe, fällt mir eine Gruppe junger Frauen auf. Sie spritzen sich nass, lachen, und dann beginnt ein ›Tanz‹ -sie bewegen sich umeinander herum, ich kann ihr Lachen unter dem schwarzen Stof f ›spüren-sehen‹ und gehe damit unmittelbar in Resonanz. Dann nehme ich wahr, wie ich mich zusammenziehe, abwende, und in einem inneren Monolog zu mir selbst spreche: »Das kann doch nicht sein. Niqāb tragen und so ausgelassen
more » ... ein. Wie passt das zusammen?« Doch ihre Leichtigkeit überträgt sich auf mich -es folgt eine Einladung -ich bin gleich wieder im Wasser und tauche in eine Art Wasser-Contact Improvisation ein. Ich hatte mein erstes Contact Improvisations-Trio mit Niqāb-tragenden Frauen*. 1 Wenn ästhetische Erfahrungen solche sind, in welchen die Begegnung mit »ungewohnten kulturellen Phänomenen die üblichen sinnlichen Schemata aushebelt oder befremdet und der soziale Akteur seine eigenen unhinterfragten Wahrnehmungsmodi zu ref lektieren [beginnt]« (Prinz/Göbel 2015: 10), dann war diese non-touch-touch-Erfahrung 2 , auf die im Folgenden als Dancing with women in Niqāb verwiesen wird, geradezu paradigmatisch. In dieser Erfahrung wurden (bei mir) nämlich bestimmte rassifizierte Ima-1 Autoethnografischer Forschungseintrag vom 10.9.2014 (siehe unten). 2 Ich verwende den Begriff der non-touch-touch-Erfahrung im Anschluss an Mark Paterson (2008): Paterson hat die besondere Intensität von non-touch-touch-Erfahrungen am Beispiel von Reiki-Behandlungen herausgearbeitet (s.u.).
doi:10.1515/9783839453407-028 fatcat:i32qc77oqfgjvcpye63qldncsq