Kleine Nierentumore: Biopsie vermeidet chirurgische Übertherapie

2019 Aktuelle Urologie  
Viele der inzidentell detektierten kleinen Nierentumore sind gutartig oder haben ein geringes Malignitätsrisiko. Um eine chirurgische Übertherapie dieser Befunde zu vermeiden, wird neben der aktiven Überwachung eine bioptische Abklärung empfohlen. Werden in Zentren, die eine Routinebiopsie favorisieren, seltener benigne Tumore operativ entfernt als in Zentren, die Biopsien nur in ausgewählten Fällen durchführen? Mit dieser Fragestellung haben sich kanadische Wissenschaftler beschäftigt. Sie
more » ... eten retrospektiv die Daten von 516 Patienten aus, die zwischen 2013 und 2015 an einem von 4 großen kanadischen Zentren aufgrund eines ≤ 4 Zentimeter durchmessenden Nierentumors mittels partieller oder radikaler Nephrektomie behandelt worden waren. Die Analyse umfasste insgesamt 542 Tumore. Als primären Studienendpunkt definierten die Forscher die Rate histologisch benigner Befunde. Ergebnisse 192 Nierentumore (36 %) wurden vor der Exstirpation biopsiert. In den Kliniken mit routinemäßiger präoperativer Gewebegewinnung wurden 63 % der Patienten präoperativ biopsiert, in den Kliniken mit nicht routinemäßiger präoperativer Abklärung dagegen nur 12 % (p < 0,001). Die histopathologische Diagnostik stufte 58 Nierentumore (11 %) als gutartig ein. In Kliniken mit routinemäßiger bioptischer Befundabklärung betrug die Rate chirurgisch entfernter benigner Tumore 5 %, in Kliniken mit unregelmäßiger präoperativer Histologiegewinnung dagegen 16 % (p < 0,001). Die multivariate Analyse ergab: Höheres Alter, ein kleinerer Tumor sowie ein selektives Biopsieregime der behandelnden Klinik stellten signifikante Prädiktoren für eine benigne Tumorhistologie dar. In Zentren ohne routinemäßige präoperative Biopsie bestand eine 4-mal so hohe Wahrscheinlichkeit für ein benignes Ergebnis nach partieller oder radikaler Nephrektomie (Odds Ratio 4,1; 95 % KI 2,0 -8,3). Die Sensitivitätsanalyse ergab: Patienten ohne präoperative Gewebegewinnung erhielten nach dem chirurgischen Eingriff 19-mal häufiger einen gutartigen Befund als Patienten, die sich vorher einer Nierenbiopsie unterzogen hatten. In 161 von 192 Fällen (84 %) stimmte das präoperative Biopsieergebnis mit dem postoperativen Histologiebefund überein. In den diskordanten Fällen unterschätzte die Biopsie-Histologie die tatsächliche Tumorhistologie. FA ZIT Ein beträchtlicher Anteil der kleinen Nierentumoren sind gutartig, schlussfolgern die Wissenschaftler. Sie meinen: Die präoperative Biopsie stellt ein wichtiges Triageinstrument zur Planung des weiteren Managements dar. Erfolgt vor der operativen Tumorexstirpation keine routinemäßige Gewebegewinnung, steige das Risiko für einen unnötigen Eingriff beträchtlich.
doi:10.1055/a-0795-5472 fatcat:4ivsibrtjngvlazp7xojctfpy4