Mindestlöhne: Für und Wider Mindestlöhne und Humankapital

Wolfgang Lechthaler, Dennis Snower, Wolfgang Lechthaler, Berater, J Dennis, Snower
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Der Grund ist einfach zu verstehen: Der Mindestlohn senkt die Profitabilität derjenigen Arbeitnehmer, die am wahrschein-lichsten diesen Lohn erhalten, nämlich der Minderqualifizier-ten. Durch den Profitabilitätsabfall verkürzt sich die Beschäf-tigungsdauer dieser Arbeitnehmer. Dadurch haben Arbeit-geber und-nehmer weniger Anreiz zur Ausbildung, denn der Nutzen dieser Ausbildung erstreckt sich jetzt über eine kür-zere Beschäftigungsdauer. Auf diesem Wege verhindert der Mindestlohn, dass die
more » ... rqualifizierten Humankapital akkumulieren und wird verantwortlich für eine Verfestigung der Einkommensun-gleichheit. Zwei Effekte des Mindestlohns auf die Ausbildung Vom theoretischen Standpunkt aus hat die Einführung ei-nes Mindestlohnes zwei gegenläufige Auswirkungen auf die Bereitstellung von Firmentraining. Einerseits wird die Lohn-stauchung verstärkt (Lohnstauchungseffekt). Andererseits kommt es häufiger zu Entlassungen (Entlassungseffekt). Der erste Effekt wirkt in Richtung einer Erhöhung der Trainings-investitionen, wohingegen der zweite auf eine Verringerung wirkt. Wir betrachten nun beide Effekte im Detail. Der Lohnstauchungseffekt Seit der einflussreichen Arbeit von Acemoglu (»Training and Innovation in an Imperfect Labor Market«, Review of Economic Studies, 1997) wissen wir, dass die Lohnstauchung für Unternehmen den wichtigsten Anreiz darstellt, um in das Humankapital ihrer Arbeiter zu investieren. Ganz allge-mein spricht man von Lohnstauchung, wenn sich eine Er-höhung der Produktivität eines Arbeiters nicht eins-zu-eins in eine Lohnerhöhung übersetzt, wenn also z.B. eine 10%ige Erhöhung der Produktivität zu einer Lohnerhöhung von we-niger als 10% führt. In einem vollkommenen Arbeitsmarkt kann dies nie der Fall sein, weil der Arbeiter immer gemäß seiner Produktivität entlohnt wird. Die Unternehmen haben dann natürlich keinen Anreiz in die Ausbildung ihrer Arbei-ter zu investieren, weil die zusätzlichen Einnahmen durch die höheren Löhne »aufgefressen« werden. In der realen Welt gibt es jedoch viele Phänomene die auf eine Stauchung der Lohnstruktur hinwirken, und Mindestlöhne sind nur ein Beispiel hierfür. Wie bewirken nun Mindestlöhne eine Lohnstauchung? An-genommen die Produktivität eines Arbeiters sei so niedrig, dass sein Marktlohn unterhalb des gesetzlichen Mindestloh-nes läge. In diesem Fall bekommt der Arbeiter natürlich den Mindestlohn ausbezahlt. Eine geringfügige Erhöhung der Produktivität wird sich nun aber nicht in einer Erhöhung des Lohnes niederschlagen-der Arbeiter erhält immer noch den Mindestlohn. Insofern erhöht der Mindestlohn die Anreize der Unternehmen in Humankapital zu investieren, weil es nun selbst von der erhöhten Produktion profitiert. Der Entlassungseffekt Demgegenüber steht das Problem, dass Mindestlöhne die Flexibilität der Unternehmen verringern. Die Produktion ei-nes Arbeiters ist natürlich über die Zeit hinweg nie konstant, sondern schwankt von Woche zu Woche, von Monat zu Mo-nat. So kann es passieren, dass von einem Monat zum nächsten die Einnahmen des Unternehmens absinken, sei es aus internen Gründen (die Leistung des Arbeiters nimmt ab), sei es aus externen Gründen (die Marktlage hat sich ver-schlechtert). In einem solchen Fall würde das Unterneh-men unter Umständen gerne die Löhne senken, um die Ren-tabilität zu bewahren. Verhindert ein Mindestlohn eine der-artige Absenkung, kann dies dazu führen, dass Arbeiter ent-lassen werden. Warum hat dies nun Auswirkungen auf die Bereitstellung von Firmentraining? Das Unternehmen weiß natürlich schon im Vorhinein, dass der Mindestlohn seinen Spielraum bei Lohn-verhandlungen einschränken wird. Es antizipiert, dass es 61. Jahrgang-ifo Schnelldienst 6/2008
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