Katharina Pupato: Die Darstellungs psychischer Störungen im Film. Mit einem Beitrag zur Verwahrlosung im Kindes- und Jugendalter und einem Katalog ausgewählter Filme zur Psychopathologie des Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalters

Hans J. Wulff
2004
Die Arbeiten zum Stoffkomplex ,Psychiatrie und psychische Krankheit im Film', die bislang vorgelegt worden sind, stammen häufig nicht von Filmwissenschaft.lern, sondern von Psychiatern. Nicht nur das Interesse an den filmischen. ikonografischen und dramatischen Besonderheiten der Filme des Stoffkreises fällt darum oft gering aus, sondern auch die Bereitschaft, Themen historisch zu relativieren, sie mit anderen ästhetischen Standards. Themen und Diskursen ihrer Zeit zusammenzudenken. Es gdlt
more » ... t allein um die Geschichte der realen Psychiatrie, ihrer Therapien und Erklärungsmodelle der Geisteskrankheiten, die es zu bedenken gilt, wenn man die wechselnden Sinnhorizonte der Psychiatriegeschichten durch die letzten 100 Jahre verfolgen will. sondern auch um die Gegenstände der Kulturgeschichte -um Bilder des Körpers und der Sauberkeit, um veränderliche Muster der Normalität. um innerfamiliale Kontrolle und Macht. um den Wert der Auflehnung. um Darstellungskonventionen von Wahn und Besessenheit, von extremen Affekten und Angerührtheiten, um die dramatischen Möglichkeiten schließlich, solche Dinge wie übergroße Schuld und zerstörendes Begehren, Halluzination und Trauma darzustellen. Pupatos umfangreiche medizinische Zürcher Dissertation steht bruchlos in der Reihe dieser Arbeiten. Sie gn.:i ft auf oft recht holzschnittartige historische Darstellungen zurück. um die Geschichte des Stoffkomplexes im Kino aufzufächern. Die Unvcrtrautheit mit der anderen Wissenschaft setzt sich fort -die Überlegungen zur filmischen Darstcllbarkeit des Themas zeugen von einer manchmal erfrischenden Naivität. Dass das Interesse der Autorin darauf gerichtet wird, den ,Psychopathologie-Film' als Medium der Wissensvermittlung für Laien ernst zu nehmen, deutet immerhin darauf hin. dass Filme jenes Stoffkreises heute eine gewisse Genauigkeit der Repräsentation und Authentizität der Darstellung der Geisteskrankheit haben. so dass sich gegenwärtig negative Stereotypen des .Irren• verändern. Vorurteile abgebaut werden und die allgemeine Sensibilität für psychische Abweichung gestiegen ist. Dass ein Film wie A Bemtti/itl Jfind (2002) -den Pupato nicht erwähnt, er ist zu jungen Datums -seine Geschichte trotzdem in Genreformeln vorträgt, bleibt unterhalb der Wahrnehmung. Genremuster. die jeweils ganz unterschiedliche Beteiligungsformen von Zuschauern oder auch Perspekti,en und Gewichtungen der Erzählung, andere Zielaffekte der Rezeption oder dramatische Konfliktlinien verfolgen. lässt sich an A Beautifitl Mim/ recht konkret ,eranschaulichen, weil
doi:10.17192/ep2004.2.1838 fatcat:gpsgpvnv4racnacoecambztns4