hrr-strafrecht.de-Rechtsprechungsübersicht Bearbeiter
Stephan Schlegel, Zitiervorschlag
2004
unpublished
Grundrecht auf freie Berufsausübung (Schutzbereich; Existenzerhaltung; angemessene Vergütung; freie Entfaltung der Persönlichkeit); Eingriff (Vorschriften ohne primär berufsregelnde Zielrichtung); Freiheit der Advokatur (freie und unreglementierte Selbstbestimmung des einzelnen Rechtsanwalts) Leitsätze 1. § 261 Absatz 2 Nummer 1 des Strafgesetzbuchs ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit Strafverteidiger nur dann mit Strafe bedroht werden, wenn sie im Zeitpunkt der Annahme ihres Honorars
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... ere Kenntnis von dessen Herkunft hatten. (BVerfG) 2. Strafverfolgungsbehörden und Gerichte sind bei der Anwendung des § 261 Absatz 2 Nummer 1 StGB verpflichtet, auf die besondere Stellung des Strafverteidigers schon ab dem Ermittlungsverfahren angemessen Rücksicht zu nehmen. (BVerfG) 3. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet dem Einzelnen die Freiheit der Berufsausübung als Grundlage seiner persönlichen und wirtschaftlichen Lebensführung. Die Norm konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich individueller beruflicher Leistung und Existenzerhaltung (vgl. BVerfGE 101, 331, 346 ff.) und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab (vgl. BVerfGE 59, 302, 315). Sie verbürgt außerdem das Recht, für die berufliche Leistung eine angemessene Vergütung zu fordern (BVerfGE 54, 251, 271; 101, 331, 347). Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst auch die Strafverteidigung (vgl. BVerfGE 39, 238, 242). (Bearbeiter) 4. Der besondere Freiheitsraum, den das Grundrecht der Berufsfreiheit sichern will, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch durch Vorschriften ohne primär berufsregelnde Zielrichtung dann berührt sein, wenn ihre tatsächlichen Auswirkungen zu einer Beeinträchtigung der freien Berufsausübung führen (vgl. BVerfGE 13, 181, 185 f.; 61, 291, 308 f.). (Bearbeiter) 5. Die durch den Grundsatz der freien Advokatur gekennzeichnete anwaltliche Berufsausübung unterliegt unter der Herrschaft des Grundgesetzes der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen Rechtsanwalts (vgl. BVerfGE 15, 226 234; 63, 266, 284). Der Schutz der anwaltlichen Berufsausübung vor staatlicher Kontrolle und Bevormundung liegt dabei nicht allein im individuellen Interesse des einzelnen Rechtsanwalts oder des einzelnen Rechtssuchenden. Der Rechtsanwalt ist "Organ der Rechtspflege" (vgl. § § 1 und 3 BRAO) und dazu berufen, die Interessen seines Mandanten zu vertreten (vgl. BVerfGE 10, 185, 198). Sein berufliches Tätigwerden liegt im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 15, 226, 234; 37, 67, 77 ff.; 72, 51, 63 ff.). (Bearbeiter)
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