Ausgangssituation und Handlungsbedarf Ein Gemeinsames Kernabitur für Deutschland
Ludger Wößmann
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Das Abitur attestiert den Absolventen in Deutschland traditionellerweise Hoch-schulreife und Studierfähigkeit. Seit Grün-dung der Bundesrepublik Deutschland ist die Abiturientenquote von unter 4% im Jahr 1955 auf mittlerweile rund ein Drittel eines Jahrgangs stetig gestiegen (vgl. Abb. 1). Rechnet man die Fachhochschul-reife hinzu, steigt der entsprechende An-teil auf fast die Hälfte eines Jahrgangs. Im Laufe der Zeit haben alternative Wege zur Hochschulreife sukzessive zugenommen. Dieser Trend
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... wird sich nicht zuletzt durch den sogenannten Dritten Bildungsweg in den kommenden Jahren weiter fortset-zen. Vor diesem Hintergrund großer Zah-len von Abiturientinnen und Abiturienten und unterschiedlicher Wege zur Hoch-schulreife stellt sich die Frage der Ver-gleichbarkeit der Abiturleistungen heute dringlicher denn je. Dies wird zunehmend auch in der Politik gesehen. So lassen sich drei aktuelle Ent-wicklungen beobachten, die den Weg zu einer höheren Vergleichbarkeit und Vali-dität der Abiturleistungen in Deutschland bereiten. Erstens haben seit 2005 nicht weniger als acht Bundesländer ein Lan-des-Zentralabitur neu eingeführt (vgl. Abb. 2). Damit werden nun in 15 der 16 Bundesländer-alle außer Rheinland-der Vorschlag des Aktionsrats BildungDas Abitur hat in Deutschland eine lange Tradition als Reifeprüfung, die die Studierfähigkeit at-testieren und damit den Zugang zum Hochschulsystem eröffnen soll. Allerdings werden seit Jahr-zehnten beträchtliche qualitative Unterschiede hinsichtlich der Aufgabenstellungen und der Be-wertungsniveaus zwischen den deutschen Bundesländern nachgewiesen. Dies verhindert eine nationale Vergleichbarkeit und erzeugt erhebliche Ungerechtigkeiten bei der Leistungsbewertung und damit beim Hochschulzugang. Darüber hinaus fehlt mit der Vergleichbarkeit ein wichtiges Ins trument der Qualitätssicherung. In einem neuen Gutachten, das im vorliegenden Beitrag zu-sammengefasst wird 1 , analysiert der Aktionsrat Bildung die Abiturprüfungsverfahren der Bundes-länder und zeigt auf, dass dringender Handlungsbedarf in Richtung einer größeren nationalen Vereinheitlichung der Abiturprüfung besteht. Um dieses Ziel zu erreichen, wird ein rasch umsetz-bares Konzept für ein Gemeinsames Kernabitur entwickelt, in dem konkrete Empfehlungen für die Durchführung einer länderübergreifenden Abiturkomponente in den drei Kernfächern Deutsch, Ma-thematik und Englisch unterbreitet werden. Diese soll ab dem Abiturjahrgang 2018 eingeführt wer-den und 10% der Abiturgesamtnote bzw. 30% der Abiturprüfung ausmachen. Der Vorschlag des Gemeinsamen Kernabiturs ist so angelegt, dass er sich leicht in das bestehende System der Abi-turprüfungen einbinden lässt und den Ländern ein hohes Maß an Flexibilität erhält. Das Gemein-same Kernabitur trägt dazu bei, nationale Bildungsstandards, fairen Hochschulzugang und hinrei-chende Studierfähigkeit zu sichern.
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