Fiktive Realität: Basileios II. und Konstantinos VIII. in der "Chronographia" des Michael Psellos [chapter]

Ralph-Johannes Lilie
2021 Theatron  
In der Reihe der byzantinischen Kaiser gibt es kaum ein größeres Gegensatzpaar als die beiden Brüder Basileios II. (976-1025) und Konstantin VIII. (1025-1028). Während der eine als einer der größten byzantinischen Kaiser gilt, wenn nicht als der größte überhaupt, wird der andere als eitler Schwächling gesehen, mit dem der Niedergang des Reiches einsetzt, der in der Katastrophe von Mantzikert am 19. August 1071 gipfelt. Es mag ausreichen, die Charakterisierungen bei G. Ostrogorsky zu zitieren:
more » ... ls die bedeutendsten Kaiser von Byzanz nennt noch ein Schriftsteller des 13. Jahrhunderts Herakleios und Basileios II. Diese beiden Namen, in der Tat die größten der byzantinischen Geschichte, versinnbildlichen das heroische Zeitalter von Byzanz, das der eine von ihnen eröffnet und der andere abschließt." Zu Konstantin VIII. stellt derselbe Autor fest: "Wie er (Konstantin VIII.) im Laufe eines halben Jahrhunderts als Mitregent seinem großen Bruder untätig zur Seite stand, so hat er auch, im Greisenalter zur Herrschaft gelangt, den Staat mehr repräsentiert denn geleitet. Es fehlte ihm nicht an Begabung, wohl aber an Charakter und Verantwortungsgefühl. Die Regierungsgeschäfte überließ er anderen und verbrachte die Zeit bei Gastmählern und Hippodromspielen, die unter Basileios II. angesammelten Staatsschätze sorglos vergeudend." 1 Dieses Urteil hat im wesentlichen auch heute noch Bestand. Kritische Stimmen, die es hinterfragen, stellten bis vor kurzem eine kleine, kaum wahrgenommene Minderheit dar, deren Meinung auch heute noch nur begrenzt wahrgenommen wird. 2 Das ist insofern überraschend, als bei etwas genauerem Hinsehen beide Charakterisierungen so gut wie ausschließlich auf einer einzigen Quelle _____________
doi:10.1515/9783110923865-012 fatcat:nxq2kq36zvemxgj6d5doo2pgum