Die Rechtfertigung von Straftaten angesichts der Klimakrise

Francesca Mascha Klein, Fachinformationsdienst Für Internationale Und Interdisziplinäre Rechtsforschung
2022 Verfassungsblog: On Matters Constitutional  
Die Gruppe "Aufstand der letzten Generation" hat durch ihre Aktionen an der Berliner Autobahn aktuell eine öffentliche Diskussion über die Legitimität und Legalität von Protestaktionen in Deutschland entfacht. Unter anderem mit Sitzblockaden wollen die Aktivist*innen auf die Klimakrise sowie Lebensmittelverschwendung aufmerksam machen und nehmen dabei strafrechtliche Konsequenzen in Kauf. Das wirft die Grundsatzfrage auf: Erfordert die voranschreitende Klimakrise eine Neubeurteilung dessen, was
more » ... strafbar ist? Sind in der Konsequenz Teilnehmende von bestimmten Protestaktionen zum Schutz des Klimas, die Straftatbestände erfüllen, freizusprechen? Die juristische Antwort lautet wie so oft: Es kommt darauf an. Nach deutschem Recht könnten derartige Taten durch Notstand nach § 34 StGB gerechtfertigt sein. Dann müsste die Klimakrise eine gegenwärtige Gefahr darstellen und die tatbestandsmäßige Handlung erforderlich, verhältnismäßig und angemessen sein. In Deutschland hat bislang noch kein Gericht entschieden, dass die Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes für eine Tat im Zusammenhang mit Klimaprotesten erfüllt sind. In Großbritannien, der Schweiz und Frankreich hingegen schon. Die Argumente dafür lassen sich auch auf den deutschen Kontext übertragen, sodass es durchaus vertretbar sein könnte, Straftaten angesichts der sich verschärfenden Klimakrise für gerechtfertigt zu befinden.
doi:10.17176/20220305-001155-0 fatcat:wdrtxjbjevfy3g5zccqpv6utoi