Wirbel, Charles, Le Cognitor
Leopold Wenger
1911
Zeitschrift der Savigny-Stiftung fur Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung
Literatur. 483 "Wirbel, Charles, Docteur en Droit, Licencié d'Histoire, Le Cognitor. Paris, Recueil Sirey. 1911. XY u. 228 S. Die Lehre von der Kognitur, über die vorlängst in der deutschen Literatur viel verhandelt worden ist -ich erinnere nur an die Arbeiten von Eisele und Wlassak -, wird in dieser französischen Schrift eingehend nach allen Seiten hin erörtert. Der Verf., ein Schüler von Girard und Senn, verfugt nebst genauer Quellenkenntnis auch über eine erfreuliche Kenntnis der
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... n und deutschen Prozefiliteratur. Das zeigt schon die Einleitung, das zeigen aber auch die Ausführungen im Text und die vielen in den Noten aufgezeichneten Details, die in näherem oder entfernterem Zusammenhange mit der Arbeit stehen. Der Verf. versucht es in den ersten drei Kapiteln, die Entwickelung des Instituts der Kognitur in der Zeit der Legisaktionen, in die er den Anfang verlegen möchte, dann in der Zeit des anhebenden Formularverfahrens und schließlich in der Zeit der ausgehenden Republik und des ersten Jahrhunderts der Kaiserzeit zu schildern. So wertvolle Beobachtungen zur Entwickelungsgeschichte der Kognitur in der Zeit des ordo iudiciorum der Verf. hier gelegentlich beibringt (S. 54 ff. insbesondere 84f.), so kann ich doch seinem Versuch, die Entstehung der Kognitur auf ein Prozeßgesetz zurückzuführen, das schon für die Legisaktionenzeit dieses Institut möglich gemacht habe (S. 35), ebensowenig beipflichten, als überhaupt der behaupteten Wahrscheinlichkeit der Kognitur bei den Legisaktionen. Die wichtigsten Ausführungen zur Dogmatik der Kognitur bringt das vierte Kapitel. Da ist sowohl die datio cognitoris, als auch die Wirkung der Kognitur für die Position des Prozeßgegners und des Dominus, und das Verhältnis zwischen Kognitor und Dominus in jeder Hinsicht erschöpfend besprochen. Mit Wlassak erklärt der Verf. die Unterscheidung der beiden von Gaius, Inst. IV, 83 überlieferten Formeln (quod peto und quod agere volo) aus den verschiedenen Zeitpunkten des Streites zwischen den Parteien, in denen ein Kognitor bestellt werden konnte. Aber er weicht von Wlassak insofern ab, als er im einen Falle (quod ego tecum, agere volo) an Bestellung bei der (jetzt ja ziemlich allgemein angenommenen) außergerichtlichen und der Ladung zum Prätor vorgehenden Klagenedition denkt, und die andere Formel (quod ego a te fvmdum peto) auf Bestellung des Kognitors in iure, also nicht gerade beim Litiskontestationsakt, sondern schon vor diesem, bezieht. Ich möchte dem beistimmen und darf dazu auf meine schon vorlängst (Actio iudicati S. 170ff.) eingenommene Stellung zur Terminologie von agere und petere, die von der Wlassaks teilweise abweicht, verweisen (vgl. Wirbel S. 105'(· Der Verf. hält daran fest, dafi die Stellung des Kognitors nur als indirekte Vertretung (S. 144if.) aufgefaßt werden dürfe, anerkennt aber doch die Durchbruchspunkte der Idee direkter Vertretung für den Fall des mit dem Kognitor vereinbarten Schiedseides (S. 122/4).
doi:10.7767/zrgra.1911.32.1.483
fatcat:7zwhdp5z3vbexibdavaxcx3m44