Mnema und Mneme. Gedanken eines Gräzisten
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Anton Bierl
Mnema
Mnema und Mneme. Gedanken eines Gräzisten ANTONBIERL 47 Schreibstunde an der Telegrafenlinie. Zur Grenze von Schriftlichkeit und Mündlichkeit bei Claude Levi-Strauss und Jacques Derrida ALEXANDER HONOLD 65 Gesetzeslücke. Derrida und die Epoche der Regel STEFAN LORENZER 79 »Die Dekonstruktion ist die Gerechtigkeit« ELISABETH WEBER 93 Eine diffi,rance der »Werte«. Marx mit Derrida HA.NS-JOACHIM LENGER PETERKRAPP 221 Autorinnen und Autoren 233 Literatur 241 VORWORT HANS-JOACHIM LENGERIGEORG
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... PH THOLEN Jacques Derrida ist in aller Munde; sein Werk dagegen, in seinen philosophischen wie politischen Dimensionen, bleibt weiterhin randständig oder zumindest unabgegolten, trotz des unleugbaren Erfolgs, den die weltweite Verbreitung und Übersetzung seiner Schriften zu garantieren scheint. Dekonstruktion, ein in den letzten Jahren nicht selten nur noch feuilletonistisch oder gar inflationär gebrauchter Begriff, kann zum kalkulierten Vergessen eben jenes Anspruchs führen, den Derridas Denken im oder unter dem Namen eben dieses Begriffs zeitlebens wachzuhalten versuchte. Jacques Derrida ist im Alter von 74 Jahren am 8. Oktober 2004 in Paris gestorben. Nach seinem Tod, einer für viele Zeitgenossen gewiß traumatischen Zäsur in der Geschichte eines Projektes, das keineswegs, weder für ihn selbst noch für seine Mitstreiter, abgeschlossen war 1 , wetteifern miteinander-wie ein flüchtiger Blick in die Liste der Veröffentlichungen von und zu Derrida belegt -das Vergessen und das Überleben der Dekonstruktion. Auch dieser Band, der sich einem Workshop zum Gedenken an Jacques Derrida verdankt, der unter dem Titel Mnema am 9. Juli 2005 an der Universität Basel stattfand, nimmt teil an der Politik und Aufgabe der Erinnerung an die Dekonstruktion, innerhalb derer eben dieser prekäre Widerstreit von Vergessen und Bewahren thematisch war und ist, vom Früh-bis zum Spätwerk Jacques Derridas. Mnema bedeutet: Andenken, Gedächtnis, Erinnerung, Erwähnung, Denkmal, Grabmal. Subtil zeigt sich in dem Wort an, daß jedes Sprechen, in dem Lebendiges Erwähnung findet, auf eine Abwesenheit verwiesen ist, die sich in keiner Gegenwart versammeln läßt. Diese »dij/erance« vor allen Unterschieden hat sich im Werk Derridas ebenso nachgezeichnet wie vorgeschrieben. Sie stört nicht nur die Gemeinschaft jener auf, die sich mit einem fragwürdigen Begriff »Philosophen« nennen. Wie es, beispielsweise, Derridas minutiöse Studien zur »Politik der Freundschaft« (Politiques de l'amitie, Paris 1994, dt.: Frankfurt a.M. 2000) und zu einer vielleicht »kommenden« bzw. nur in dem »Vielleicht« des Kommens zu bestimmenden Demokratie bezeugen.
doi:10.14361/9783839405109-005
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