Polke, Christian: Expressiver Theismus. Vom Sinn personaler Rede von Gott
Matthias Ruf
2022
Nicht weniger als eine "Rehabilitierung des Begriffs und der Kategorie des Theismus" (32) hat sich Christian Polke in seiner Habil.schrift vorgenommen. Nach einiger Verzögerung ist seine Studie nun endlich erschienen. Im Kontext ev. Theol. kann ein solches Projekt zweifelsohne als ambitioniert gelten -man denke nur an F. D. E. Schleiermachers Anmerkungen, dass theistische Denkfiguren vor allem den Atheismus förderten oder an I. U. Dalferths Vorwurf des "Götzendienstes", an denen sich
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... h die heikle Debattenlage ablesen lässt. P. versucht solchen Vorbehalten früh den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er sich selbst von Rehabilitationsversuchen im Sinne der "klassischen Schulmetaphysik" oder der analytischen Religionsphilosophie abgrenzt (1f). Für einen geschichts-wie kontextsensiblen Zugang setzt er stattdessen bei Überlegungen von F. H. Jacobi ein, greift Leitprinzipien aus dem Historismus und Pragmatismus auf und verbindet diese in einem Plädoyer für einen Perspektivenpluralismus (3-30). Über diesen Zugriff gelingt es P. Anschluss an die ev. Debatte zu finden, ohne zugleich das Anliegen aufgeben zu müssen, einen personalen Theismus in einem robusten Sinne zu entwickeln. Als Schlüsselmotiv, das auch deutlich macht, warum es sich hierbei genauer um einen "expressiven Theismus" handelt, dient ihm dabei die Annahme, dass religiöse Praxis als der entscheidende Ausgangspunkt sowie Bewährungsort von religiösen Vorstellungen sowie theologischer Reflexion identifiziert werden müsse (29f.236.490). Um diese Grundideen zu stabilisieren und weiterzuentwickeln, nimmt P. in einem ersten Hauptteil nahezu monografischen Zuschnitts eine kulturanthropologische und ritualtheoretische Grundierung vor (43-223). P. setzt hier mit der Annahme ein, dass das "Spezifikum der conditio humana" in der Fähigkeit zur Selbstverständigung bestehe und dass sich der Mensch an basaler Stelle in Handlungen oder in kulturellem Gestalten ausspräche (45f). Um diese These weiter zu entfalten, greift P. vor allem auf E. Cassirer zurück: Diesem zufolge finde menschliche Selbstverständigung auch über sprachliche oder wissenschaftliche Reflexion statt; außerdem entwickelten sich "symbolische Formen" kulturgeschichtlich (etwa vom Mythos als einer ursprünglichen Ausdrucksform sowie vom Ritus als dessen sprachliche Darstellung (87f) hin zur theol. Bedeutung). Höher entwickelte Formen der Artikulation fußten aber immer auf dem "Sockel" der basalen "Ausdrucksform" (139). Diese "kulturanthropologische" Basisannahme wird unter anderem unter Rückgriff auf É. Durkheim so erweitert, dass der Ritus als besonderer Ort identifiziert wird, an dem religiöses Vokabular bewährt werde . Im zweiten Hauptteil der Studie versucht P. diese Grundlegung theol. fruchtbar zu machen, etwa indem er zu Gliederungszwecken erneut die Stufung "symbolischer Formen" aufgreift: Auf der
doi:10.17879/thrv-2022-3824
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