Ein sporadischer Fall von Anguillula intestinalis bei chronischer Diarrhoe in Schlesien
Max Trappe
1907
Deutsche Medizinische Wochenschrift
Die Anguillula intestinalis ist ein in den Tropen weit verbreiteter, in unseren Gegenden bisher selten beobachteter Darmparasit des Menschen. Nachdem die Ansicht, daß sie die Erregerin der Cochinchinadiarrhoe sei, verlassen war, interessierte die Anguillula intestinalls lang& Zeit ausschließlich die Helminthologen wegen ihrer bemerkenswerten Entwicklungsgeschichte. Praktisches Interesse wurde ihr nicht entgegengebracht, da man sie für einen harmlosen Parasiten hielt. In jüngerer Zeit aber
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... sich die Beobachtungen von Anguilluliasis auch in Deutschland, und gleichzeitig wird ihre völlige Harmlosigkeit neuerdings stark in Zweifel gezogen. Es dürften daher einige Mitteilungen über diesen Parasiten gelegentlich eines in der Medizinischen Klinik in Breslau beobachteten Falles von allgemeinerem Interessè sein.1) Die Anguillula intestinalis ist ein etwa 2,2 mm langer Fadenwurm, der im Dünndarm des Menschen lebt. Der Wurm ist entweder Hermaphrodit oder ein parthogenetisch sich entwickelndes Weibchen; eine mtnnliche Form ist nicht bekannt. Die Eier des Wurmes werden in den Darmkanal entleert; noch innerhalb desselben schlüpfen die Embryonen aus, die dann massenhaft mit dem Stuhl entleert werden. Diese Embryonen wurden 1876 von Norman d bei französischen Soldaten, die mit schwerer Diarrhoe behaftet, aus Cochinchina zurückkehrten, entdeckt. Bavay untersuchte die Tiere und beobachtete ihre Weiterentwicklung zu getrennt geschlechtlichen Tieren, die er als Anguillula stercoralis beschrieb. Einer von den erkrankten Soldaten kam zur Sektion; im Dünndarm fanden sich dabei mehrere Exemplare der Anguillula in testinalis. Bavay untersuchte auch diese, hielt sie für eine besondere Tierart und gab ihnen ihren Namen. Anguillula intestinalis und Anguilula stercoralis galten nun fur zwei verschiedene Parasiten des menschlichen Darmkanals, bis Leuckart 1882 nachwies, daß beide nur verschiedene Entwicklungsstadien desselben Tieres sind. Die Entwicklung vollzieht sich nach L e u ck art folgendermaßen: Die mit dem Kot entleerten Embryonen entwiékeln sich bei geeigneter Wárme innerhalb des zweiten Tages nach einez 1) Vgl. diese Wochezisthrift No. 2, S. 84.. 90 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.
doi:10.1055/s-0029-1203041
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