LIBREAS-Library Ideas 1/2005 : Der Entwurf einer Bibliothek Der Entwurf einer Bibliothek aus der Sicht des Architekten

Nikolas Sypereck
unpublished
Nikolas Sypereck www.libreas.de 1 D a das Thema sehr weit gefasst ist, möchte ich zunächst einschränkend voranschicken, dass es wohl zu weit führen würde, eine Aufl istung unterschiedlicher Bibliotheken und der ih-nen zugrunde liegenden Typologien zu erstellen. Vielmehr möchte ich ungefähr den Ablauf eines Entwurfs schildern und dabei die Vielfalt der Problemstellungen aufzeigen, denen man dabei be-gegnen muss und die dem Nutzer einer Bibliothek eventuell nicht bekannt sind. Denn gerade eine
more » ... liothek, deren Nutzer dort oftmals viele Stunden und Tage verbringen, wird sehr genau und streng von diesen beurteilt. Der erste Schritt eines Entwurfs ist natürlich eine grundsätzliche Idee. Dieser Aspekt ist allerdings sehr schwer greifbar, da diesem Schritt keine bestimmte Vorgehens-oder Herangehensweise zu eigen ist. Der Grundidee kommt bei einem Gebäude wie einer Bibliothek besondere Bedeutung zu. Es ist prinzipiell jede Form der Inspiration möglich und reicht von einer eher emotionalen Raumidee, einer Inszenierung des Lesens, bis zu einer eher technisch-rationalen Lösung mit ruhi-gen und neutralen Räumen. Das Entwurfsthema beinhaltet eine Fülle technischer und organisatorischer Probleme, die be-wältigt werden müssen. Der Zweck des Gebäudes evoziert geradezu ein emotionales Element-es dient primär dem Lesen und der Aufbewahrung der Bücher. Das Lesen (Studieren) und die Konservierung des Wissens erfahren dabei eine fast schon mystische Bewertung als besondere Handlungen, die einer gewissen Würde und Verantwortung bedürfen. Zudem wird diesem Thema traditionell sehr viel Bedeutung beigemessen, angefangen mit antiken Beispielen wie etwa der Bibliothek von Alexandria, bis heute, wo dem Brand der Anna-Amalia Bibliothek eine gewaltige Aufmerksamkeit zuteil wurde. Der Architekt stellt sich somit automatisch einem riesigen Kontext, an dem sich seine Idee messen muss. Sie stellt auch eine erste Absichtserklärung dar, an der wie-derum das ausgeführte Gebäude beurteilt werden kann. Gerade bei bestehenden Bibliotheken ist die Absicht des Architekten oft sehr deuAtlich erkennbar, zum Beispiel hinsichtlich verschiedener Inszenierungen des Lesens: in einem zentralen Lesesaal oder gezielt gesetzten Öffnungen in den Wänden, die bestimmte Ausblicke beim Lesen erlauben. Die Absichten und Ideen entziehen sich meistens einer objektiven Beurteilung. Sätze wie "Ich möchte eine Bibliothek bauen, deren Leseräume keine Fenster haben, um eine besonders intro-vertierte Atmosphäre zu schaffen", sind einer subjektiv-emotionalen Betrachtung unterworfen, die jeder anders empfi nden kann. Argumente für oder gegen eine solche Idee entkräften sich gegen-seitig. In diesem Fall hätte die Meinung, ein Raum, in dem man sich lange aufhält, sollte natürlich belichtet sein, genauso viel Gewicht wie die, ein Raum, der beinahe klösterliche Introversion bie-tet, schaffe die besten Bedingungen zum Lesen. So konzentriert sich der Architekt auf einen bestimmten Aspekt, der am wichtigsten scheint und in dem sich all solche Ideen bündeln lassen, und engt in der Folge die unendliche Zahl der Ent-scheidungsmöglichkeiten auf einige wenige ein. Dann ist der neutralen Betrachtung des fertigen Entwurfs eine erste Möglichkeit gegeben: Sie kann das Gebäude in Bezug auf die Umsetzung der Idee überprüfen. Hier kann relativ fair entschieden werden, wie die Idee in den Entwurf Eingang gefunden hat und ob sie auch auf den verschiedenen Ebenen (vom ganzen Gebäude bis hin zu der
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