Westfälische Frömmigkeitskultur im Wandel der Frühen Neuzeit : dörfliche Pfarreien im archidiakonalen Sendgericht 1570-1800 [article]

Andreas Holzem, University, My, University, My
2019
Ein Bauer steht vor dem Sendrichter des Archidiakons, weil er des Sonntags ein Glas Bier getrunken hatte, während der Pfarrer die Katechese hielt. Der Gott dieses Bauern sei sein Bauch, sagt das Sendmandat, und dafür müsse er exemplarisch bestraft werden. Eine Landfrau kennt Beschwörungsformeln, die bei Verletzungen und Schmerzen lindernd wirken, aber auch Schadenszauber bannen sollen. Ihr wird befohlen, sich fortan allen Aberglaubens und allen unchristlichen Wesens strikt zu enthalten. Ein
more » ... sässiger Adliger gibt den Calvinismus seiner Vorfahren und seiner Verwandten auf und führt in der Burgkapelle katholischen Gottesdienst ein; zwei seiner Söhne studieren am »Collegium Germanicum« in Rom. Ein Domherr und ein Landpfarrer schicken schweren Herzens ihre Konkubine fort, beginnen aber, theologische Bücher zu kaufen und zu lesen 1 • Ihnen allen begegnet der Katholizismus der Frühneuzeit zunächst als ein massiv vorgetragener Anspruch konfessionell gebundener Verchristlichung. Nach der Reformation wurde bis weit in das 18. Jahrhundert hinein der »Prozeß der Konfessionalisierung« 2 auch in katholischen Territorien religiös, gesellschaftlich und politisch grundlegend.
doi:10.15496/publikation-35265 fatcat:45lfcg6sjbb47ijt6s5sxvfyvu